Chemikant beim Lahnsteiner Chemieunternehmen Zschimmer & Schwarz (Foto: Zschimmer & Schwarz)

Wunsch nach Steuersenkungen und Versorgungssicherheit

Industrie: Große Sorgen wegen hoher Energiepreise

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Viele Unternehmen im nördlichen Rheinland-Pfalz sind besorgt wegen der steigenden Energiepreise. Die Forderung nach Steuersenkungen wird lauter.

Vor allem der Preisanstieg beim Gas - um teilweise das Fünffache - mache vielen Betrieben zu schaffen, teilte der Geschäftsführer der Unternehmensverbände Steine|Erden|Keramik Matthias Schlotmann mit. Denn Erdgas sei in der Branche für viele Prozesse unverzichtbar.

"Einige Betriebe haben die enormen Preissteigerungen kalt erwischt."

Unternehmen sind auf Erdgas angewiesen

Bei der Herstellung von Fliesen, Ziegeln, Tontöpfen oder feuerfesten Schamottesteinen etwa würden Temperaturen von bis zu 1.400 Grad benötigt. Deshalb könnten die Brennöfen nur mit Erdgas beheizt werden. Neue Technologien mit anderen Brennstoffen - wie Strom oder Wasserstoff - seien entweder zu teuer oder technisch noch nicht ausgereift, sagte Schlotmann im SWR-Interview.

Das Werk der Steuler-Gruppe in Höhr-Grenzhausen. (Foto: Steuler GmbH)
Das Werk der Steuler-Gruppe in Höhr-Grenzhausen, wo sich auch der Hauptsitz des Unternehmens befindet. Steuler entwickelt, produziert und installiert korrosionsbeständige und feuerfeste Werkstoffe für die Chemieindustrie. Die Firma hat unter anderem auch Standorte in Siershahn, Mogendorf und Breitscheid. Steuler ist auch einer der größten Fliesenhersteller Deutschlands.

Die meisten Firmen in der Steinzeug-, Feuerfest- oder Keramikindustrie würden Erdgas zwar auf Vorrat kaufen, allerdings häufig nicht den gesamten Jahresbedarf. "Einige Betriebe haben die enormen Preissteigerungen deshalb kalt erwischt", sagte Schlotmann.

Erster Betrieb meldet Insolvenz an

Mit dem Fliesenhersteller Osmose in Staudt im Westerwald musste das erste Unternehmen Insolvenz anmelden. Es handele sich aber um ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, teilte der Verband mit. Dort laufe der Betrieb bis jetzt ganz normal weiter.

"Wir sind insgesamt eine stabile Industrie. Die meisten unserer Mitgliedsbetriebe treffen die hohen Enegierpreise hart, aber sie werden da durchkommen", sagte Schlotmann. Die Unternehmen müssten jetzt versuchen, die höheren Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Die Politik müsse in dieser besonderen Situation aber auch darüber nachdenken, die Steuern auf Öl, Gas und Strom zu senken, so Schlotmanns Forderung: "Es sind ja Steuern zuhauf. Da könnte man schon rangehen. Das wäre ja nicht für immer. Nur kurzfristig, um die Belastung etwas abzufangen."

Preise sind "große Belastung" für Chemiebranche

Auch die Chemieindustrie leidet unter den hohen Kosten. Das Lahnsteiner Unternehmen Zschimmer & Schwarz teilte auf SWR-Anfrage mit, dass die steigenden Energiepreise bei Gas und Strom eine große Belastung seien. "Aktuell rechnen wir mit einer Verdrei- bis Vervierfachung der Energiekosten im Vergleich zum Vorjahr", so Unternehmenssprecherin Hedwig Blomeier.

Chemieuntzernehmen Zschimmer & Schwarz (Foto: Zschimmer & Schwarz)
Das Chemieunternehmen Zschimmer & Schwarz hat seinen Hauptsitz in Lahnstein. Die Firma entwickelt, produziert und vertreibt chemische Produkte für die Leder-, Pelz-, Keramik-, Textilindustrie an verschiedenen Standorten in mehr als 70 Ländern.

"Sollten Energieträger wie zum Beispiel Gas ausfallen, kann eine gesamte Industrie lahmgelegt werden."

Langfristig plant das mittelständische Unternehmen nach eigenen Angaben, auch auf nachhaltige Energien zu setzen - zum Beispiel durch den Bau einer eigenen Photovoltaikanlage. Für die Dampferzeugung werde man auf absehbare Zeit aber nicht auf Erdgas oder andere fossile Brennstoffe verzichten können, teilte Zschimmer & Schwarz mit: "Gas ist unser Energiehauptträger und wird in unserer Branche auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen."

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Wunsch nach Versorgungssicherheit

Der Lahnsteiner Konzern wünscht sich, dass die Versorgung mit Gas sichergestellt ist. "Sollten Energieträger wie zum Beispiel Gas ausfallen, kann eine gesamte Industrie lahmgelegt werden", so Blomeier.

Der Preis spiele für alle auch eine Rolle, in erster Linie müsse die Sicherheit der Versorgung garantiert sein. Die chemische Industrie sei für die Dinge des täglichen Lebens essenziell - von der Zahnpasta über das Duschgel bis zum Toilettenpapier. "Für die aktuelle Situation ist unser Wunsch an die Politik umsichtiges und vorausschauendes Handeln," teilte Zschimmer & Schwarz mit.

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