Beamter des Hauptzollamtes Koblenz betritt Massagesalon für Mindestlohn-Kontrolle, 09.03.2023 (Foto: SWR)

Unternehmen in Koblenz und Neuwied durchsucht

Mindestlohn: 42 Verdachtsfälle bei Zoll-Kontrollen

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Isabel Röder

Der Zoll Koblenz hat in Rheinland-Pfalz Arbeitgeber unter anderem daraufhin kontrolliert, ob sie den Mindestlohn zahlen. In 42 Fällen stellten die Ermittler mögliche Verstöße fest.

97 Zollbeamtinnen und Zollbeamten waren nach Angaben des Hauptzollamtes Koblenz in der vergangenen Wochen rund um Mainz, Koblenz und Trier zur Kontrolle des Mindestlohns unterwegs. Im Fokus standen dabei kleine Betriebe wie Nagelstudios, Restaurants oder Spielhallen.

42 Verdachtsfälle im Bezirk des Hauptzollamts Koblenz

160 Arbeitgeber seien kontrolliert worden, teilte das Hauptzollamt mit. In 42 Fällen gebe es den Verdacht, dass gegen Gesetze verstoßen wurde. Den Angaben zufolge handelt es sich dabei nicht nur um Verstöße gegen den Mindestlohn, sondern etwa auch um eine fehlende Arbeitserlaubnis oder Aufenthaltsgenehmigung.

"Ich konnte alle Dokumente zeigen. Ich habe keine Angst, etwas falsch gemacht zu haben."

Beamte des Hauptzollamts Koblenz lassen sich im Büro Dokumente zeigen, Kontrolle Mindestlohn 09.03.2023 (Foto: SWR)
Die Zollbeamten lassen sich Lohnabrechnungen, Arbeitszeitdokumentationen und die Anmeldung zur Sozialversicherung von den Arbeitgebern zeigen.

Kontrollen sollen Arbeitnehmer schützen

Die meisten Unternehmen und Beschäftigten, die in der vergangenen Wochen zum Beispiel in Koblenz und Neuwied überprüft wurden, nahmen die Kontrollen gelassen. Im ersten Moment sei es zwar ein großer Schreck, wenn plötzlich fünf Männer und Frauen in Uniform im Raum stünden, sagte Junjira Vorländer, die in Neuwied einen thailändischen Massagesalon betreibt. Aber Sorgen habe sie sich keine gemacht: "Ich konnte alle Dokumente zeigen. Ich habe keine Angst, etwas falsch gemacht zu haben", sagte Vorländer.

Auch eine Angestellte eines Sonnenstudios bewertet die Erfahrung positiv: "Wenn man sonst Zoll hört, will man am liebsten wegrennen. Aber dieses Mal war es nicht so, ich fand es gut." Von den Zollbeamten wurde sie zu ihrer Arbeitszeit und der Bezahlung befragt. Insgesamt reagierten manche Beschäftigten dann eher zurückhaltend, sagte Zollbeamtin Michelle Kohl. Das sei aber unbegründet, denn die Befragung passiere zum Schutz der Arbeitnehmer: "Den Angestellten kann nichts passieren, wenn ihnen zu wenig gezahlt wurde."

Beschäftigte müssen Lohn extra einfordern

Nach Angaben des Zolls wurden bundesweit mehr als 5.500 Arbeitgeber überprüft. In 50 Fällen sei ein Verfahren wegen Verstößen gegen den Mindestlohn eingeleitet worden.

Beamter des Hauptzollamts Koblenz mit Fragebogen in der Hand, 08.03.2023 (Foto: SWR)
Mit Fragebögen wollen die Zoll-Beamten herausfinden, ob die Beschäftigten zu wenig Geld bekommen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Rheinland-Pfalz (DGB) kritisiert an dieser Stelle, dass die Beschäftigten trotz einer Kontrolle nicht automatisch ihren Lohn nachgezahlt bekommen. "Wenn Lohn aussteht, müssen die Beschäftigten ihn individuell einfordern oder auch einklagen", sagt Susanne Wintertszahn, Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland. Der Zoll leitet nur ein Verfahren gegen den Arbeitgeber ein und treibt nicht gezahlte Steuern und Sozialabgaben ein.

DGB fordert bessere Erfassung der Arbeitszeit

Wie häufig weniger als der Mindestlohn bezahlt wird, ist derweil ein Dunkelfeld -  zu dem der DGB keine Angabe machen möchte. Mit den Kontrollen der Zollbehörde könnte ein Teil des Betrugs zwar aufgedeckt werden, so Wintertszahl. Da der Zoll aber zu wenig Personal habe, fänden diese nicht in notwendiger Zahl statt.

Ein wichtiger Baustein sei deswegen ein System zur Erfassung der Arbeitszeit, das nicht manipuliert werden könne, fordert der DGB. Dass die Arbeitszeit erfasst werden muss, hat im September 2022 das Bundesarbeitsgericht bestätigt. Ein entsprechendes Gesetz steht noch aus.

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Isabel Röder