Mehr als 75.000 Menschen seien in Rheinland-Pfalz von gesundheitlichen Langzeitfolgen einer Covid-Erkrankung betroffen. Das schätzt die Koblenzer Corona-Spezialistin Astrid Weber. Sie war am Freitag bei der Gründung einer Selbsthilfegruppe vor Ort mit dabei. Mehr als dreißig Männer und Frauen kamen zu dem ersten Treffen in Koblenz. Viele der Betroffenen haben einen hohen Leidensdruck - und das hat nicht nur gesundheitliche, sondern auch finanzielle Gründe.
Betroffene hoffen auf Fortschritte der Forschung
Martin Zimmermann aus Simmern etwa hat sich vor zwei Jahren mit dem Coronavirus infiziert. Seitdem leidet er unter ständiger Müdigkeit, Lungenproblemen und Muskelschmerzen. "Ich hoffe, dass es sich noch mal gibt, aber zur Zeit ist die Forschung ja noch nicht so weit", sagt er bedauernd. Sein aktuelles Befinden sei kein Dauerzustand: "Das ist kein Leben mehr."
Corona-Spätfolgen Long Covid: Neues aus der Forschung zu Ursachen und Therapien
Längst nicht allen, die Corona hatten, geht es gesundheitlich wieder gut. Manche haben noch Wochen und Monate danach Beschwerden - Long Covid betrifft viele und noch immer gibt es viele Fragezeichen.
Das ist kein Leben mehr.
Der 51-Jährige ist nur wenige hundert Meter zum Treffpunkt der neuen Koblenzer Selbsthilfegruppe gelaufen und dennoch völlig außer Atem, Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. An Arbeiten ist für ihn schon lange nicht mehr zu denken, der ehemalige LKW-Fahrer musste seinen Führerschein abgeben. Die Folge: Nicht nur gesundheitliche, sondern nun auch finanzielle Probleme. Er lebt von einer Erwerbsminderungsrente: "Ich habe noch etwa vierzig Prozent von dem, was ich früher verdient habe. Und damit muss man eben über die Runden kommen."

Finanzielle Unterstützung noch nicht für alle Betroffenen
Die Initiatorin der Koblenzer Selbsthilfegruppe, Sabine Staaden aus Boppard, wäre schon froh, wenn sie überhaupt eine Erwerbsminderungsrente bekäme: "Das ist halt das schwierige Thema, dass Long Covid noch nicht bei der Deutschen Rentenversicherung anerkannt wird."
Es ist erschreckend, denn das war mein Leben. Und das geht jetzt nicht mehr.
Die Zeit, in der Sabine Staaden Krankengeld beziehen konnte, ist vorbei. Arbeitslosengeld gibt es nur für diejenigen, die vermittelt werden können - bei der Bopparderin ist das nicht der Fall. Sie arbeitete vor ihrer Erkrankung im Steuerbüro. Wenn sie jetzt auf Zahlen gucke, steige der Druck im Kopf förmlich an. "Auf einem Blatt, auf dem nur Zahlen draufstehen und auf dem ich eine Zahl raussuchen soll, finde ich sie einfach nicht. Es ist erschreckend, denn das war mein Leben. Und das geht jetzt nicht mehr."
Kampf mit den Behörden bindet zusätzliche Energie
So hat Sabine Staaden, wie viele andere Betroffene, zusätzlich zu ihren Gesundheitsproblemen auch noch mit Geldsorgen und unzähligen Behördengängen zu kämpfen. Viele der mehr als 30 Long-Covid-Patienten, die gestern Abend zur Gründung der Selbsthilfegruppe nach Koblenz kamen, klagen, wie sehr sie der Kampf mit der Rentenversicherung, der Berufsgenossenschaft oder der Arbeitsagentur zermürbt.
Um so dankbarer sind sie, dass sie sich in der neuen Gruppe gut aufgehoben fühlen können. Es tue gut, zu hören, dass es anderen genauso gehe, erzählt eine Betroffene, und eine weitere bestätigt: "Es ist schwierig, damit so klar zu kommen, ohne darüber sprechen zu können - und dann ist es auch sehr schön, wenn man Menschen hat, die einen verstehen."