Stilles Gedenken an die Toten

Nach Tötung von Familie im Westerwald - Trauer um die Opfer

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Seit Sonntag steht der Westerwaldort Weitefeld unter Schock: Viele Bürgerinnen und Bürger sind verängstigt und trauern. Der mutmaßliche Täter wird immer noch gesucht.

Vier Tage nach dem Gewaltverbrechen, dem eine dreiköpfige Familie zum Opfer gefallen ist, gedachten die Menschen in Weitefeld im Westerwald der Toten. Die Martin-Luther-Kirche im Ort stand am Mittwochabend Bürgerinnen und Bürgern offen. Es war ein stilles Gedenken, ausdrücklich kein Gottesdienst, sondern eine Veranstaltung, bei der die Bewohner gemeinsam trauern konnten. Etwa 300 Menschen waren gekommen - darunter auch viele Jugendliche. Medienvertreter waren nicht zugelassen, das Fotografieren oder Filmen nicht erlaubt.

Die Anwohner in dem 2.300-Einwohner-Ort trauern um den 47-jährigen Mann, die 44-jährige Frau und den 16-jährigen Jugendlichen, die laut Staatsanwaltschaft brutal getötet wurden.

Pastorin Dagmar Köhring von der evangelisch-methodistischen Kirche sagte im Vorfeld, es gehe darum, "dass man die diffuse Angst, die einen ergreift, ein bisschen in den Griff bekommen kann." Allen Menschen solle Raum gegeben werden - für Stille, für Gedenken und für Gespräche, so Köhring. Zudem könnten sich die Anwohner informieren, wo und in welcher Form sie weitere Hilfe in Anspruch nehmen könnten.

Wir wollen Räume schaffen, wo Menschen in sicherer Atmosphäre zusammen kommen können, mit ihrer Angst und damit nicht alleine sind.

Es gehe aber auch um Trauer und Anteilnahme, da viele Menschen in Weitefeld Verbindungen zu den Opfern gehabt hätten. Aber auch zu dem Täter und das sei eine schwierige Lage. Bereits am Sonntagnachmittag habe die Kirche geöffnet und Anwohner hätten dort Trost gesucht, so die Pastorin. Denn die Menschen seien verwirrt, erschrocken und würden nach Erklärungen suchen. Die gebe es aber gerade nicht und damit müssten sie derzeit leben.

Erst jetzt werde den Menschen so langsam bewusst, was da eigentlich passiert sei, sagt auch Ortsbürgermeister Karl-Heinz Keßler (parteilos).

Anlaufstelle für Bürger in Weitefeld eingerichtet

Auf dem Schulhof der Grundschule Weitefeld hat die Ortsgemeinde gemeinsam mit der Verbandsgemeindeverwaltung Daaden-Herdorf eine Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger eingerichtet. Die Organisatoren seien sich im Klaren, dass viele durch die schreckliche Tat und die polizeilichen Suchmaßnahmen verunsichert seien, heißt es.

Zusammen mit der Polizei sei deshalb die Anlaufstelle eingerichtet worden. Dort können die Bürgerinnen und Bürger vorerst bis Sonntag täglich von 16 bis 18 Uhr Hilfe finden und sich austauschen.

Polizei ist in Weitefeld weiterhin ansprechbar

"Wir nehmen natürlich die Ängste der Bürgerinnen und Bürger wahr", sagte Jürgen Fachinger, Sprecher bei der Polizei Koblenz dem SWR. "Die können wir den Menschen auch nicht komplett nehmen." Die Polizei sei aber vor Ort und deutlich stärker präsent.

Auch die umliegenden Waldgebiete werden laut Polizei durchsucht. Aktuell gebe es keine konkreten Hinweise auf eine Gefahr für die Bevölkerung. Aber man gehe davon aus, dass der Verdächtige gefährlich und gewaltbereit sei.

Die Polizei rät der Bevölkerung rund um Weitefeld dazu, ein Handy bei sich zu haben. Bei Hinweisen sollen die Menschen demnach schnell die Polizei verständigen, damit die Beamten den Hinweisen auch zügig nachgehen könnten.

Angst wird bleiben, solange der Täter noch auf der Flucht ist

Nach Auskunft von Ulrich Wagner, Professor im Ruhestand für Sozialpsychologie, ist die Verunsicherung nach so einer Tat groß. "Die Situation wird vermutlich so lange andauern, so lange der mutmaßliche Täter noch auf freiem Fuß ist."

Viele Fragen sind noch offen: Kannten sich der Täter und die Familie? Welches Motiv steckt hinter der Tat? Das erhöhe die Unsicherheit bei den Menschen in der Umgebung noch mehr, erklärt auch Frank Asbrock, Professor für Sozialpsychologie an der TU Chemnitz und Direktor des Zentrums für Kriminologische Forschung Sachsen.

Die Situation wird vermutlich so lange andauern, so lange der mutmaßliche Täter noch auf freiem Fuß ist.

Dass der Täter noch auf der Flucht sei, schüre die Verunsicherung. Die Menschen könnten denken, dass jeder potenziell Opfer werden könnte, sagt Asbrock. Das könne dazuführen, dass die Menschen sich zu Hause zurückziehen.

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SWR