Rund zehn Monate nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal haben am Donnerstag etwa 150 bis 200 Demonstranten an der ersten größeren Kundgebung von Flutbetroffenen teilgenommen. Sie kritisierten unter anderem die oft sehr schleppende Auszahlung von Geld aus dem Wiederaufbaufonds von Bund und Ländern für Betroffene mit beschädigten oder zerstörten Häusern.
Kritik an komplizierter Antragstellung für Aufbauhilfen
Die Antragstellung sei teilweise sehr zermürbend, sagten Teilnehmer der Demonstration. Immer wieder kämen einzelne Rückfragen. Dass diese beantwortet werden müssten, verzögerte den Antragsprozess wieder um mehrere Wochen.
"Viele von uns sind traumatisiert, das tägliche Ansehen der zerstörten Landschaft und Infrastruktur, besonders für unsere Kinder, macht uns sehr traurig."
Die Organisatoren der Demo sagten dem SWR, es ginge auch um mehr Rücksicht. Viele Menschen seien immer noch traumatisiert und hätten Angst davor, den Antrag zu stellen. Die kürzlich gestartete "Aufsuchende Beratung" der Investitions-und Strukturbank (ISB) sei aber ein guter Anfang.
Demonstranten fordern schnelleren Wiederaufbau und mehr Unterstützung
Manche Demo-Teilnehmer pfiffen laut und trugen Transparente, auf denen es beispielsweise hieß: "Wir leben in Ruinen" und "Wir stehen auf - vergesst uns nicht". "Viele von uns sind traumatisiert, das tägliche Ansehen der zerstörten Landschaft und Infrastruktur, besonders für unsere Kinder, macht uns sehr traurig", hieß es in dem Aufruf zur Demo. Mit Verbesserungen gehe es nur langsam voran. Nötig seien gerade für Anwohner noch ohne Küchen weiterhin kostenlose Essensausgaben an Versorgungsstationen sowie eine Gratis-Entsorgung von Abfällen auf offenen Mülldeponien.
Die Lage nach der Flutkatastrophe Weitere vier Millionen für Personalkampagne an der Ahr
In den von der Flutkatastrophe zerstörten Regionen in Rheinland-Pfalz läuft der Wiederaufbau. Viel ist geschafft, viel ist noch zu tun. Hier die aktuelle Lage.
Weigand räumt ein: "Anträge nicht leicht auszufüllen"
Die Demonstranten zogen bis zur Kreisverwaltung. Dort wurden sie von der Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand (parteilos), empfangen, die sich die Fragen anhörte und auch beantwortete. Im Anschluss sagte sie, dass es verständlich sei, dass die Menschen nicht zufrieden seien. Sie glaube, jeder ringe darum diese Zeit zu überstehen. Sie selbst habe auch ihr Haus verloren, sagte sie auf der Demo.
Bereits im Vorfeld der Demonstration hatten sich Weigand und auch der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen (CDU), in einem Video geäußert und Verständnis für die Forderungen gezeigt. Weigand räumte darin ein, dass die umfangreichen Anträge auf Finanzhilfe, für die auch teils überlastete Gutachter angefragt werden müssten, nicht von "jedem leicht auszufüllen sind". Es gebe dafür aber Hilfe.
Orthen: "Wiederaufbau läuft mit Hochdruck"
Orthen sagte zum Stadtbild von Bad Neuenahr-Ahrweiler: "Ja, viele Bereiche sind noch verwüstet." Doch der Wiederaufbau laufe mit Hochdruck. In seiner Stadt gebe es weiter auch Anlaufstellen mit ehrenamtlicher Hilfe. Weigand ergänzte, Müllabgabestellen - teils mitten in Dörfern - würden zwar geschlossen, aber andernorts könne Schutt weiter abgegeben werden, auch mit finanzieller Unterstützung.
Versammlung verlief störungsfrei
Die Versammlung verlief der Polizei zufolge störungsfrei. Im Anschluss gingen die Demonstranten zurück zum Marktplatz, wo der Veranstalter die Versammlung beendete.
Bei der etliche Meter hohen Sturzflut im Juli 2021 nach extremem Regen waren im engen Ahrtal 134 Menschen getötet und mehr als 750 verletzt worden. Tausende Häuser wurden beschädigt oder zerstört, ebenso Straßen, Brücken und Schienen.