Die Patientenhotline 116117 der Kassenärztlichen Vereinigung. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Teils lange Wartezeiten oder gar kein Durchkommen

Ärger um Patienten-Hotline 116117 im Kreis Altenkirchen

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Christoph Bröder

Ein Westerwälder Arzt wirft der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Missmanagement und Schönfärberei bei der Patienten-Hotline 116117 vor. Er spricht von unzumutbaren Zuständen.

Bernd Klamm arbeitet bereits seit vielen Jahren als Arzt in der Bereitschaftsdienstzentrale (BDZ) in Kirchen im Westerwald. In den vergangenen Monaten hat er mit einigen Patienten gesprochen, die alle Probleme bei der Patienten-Hotline 116117 hatten. Ein Fall jedoch regt ihn ganz besonders auf:

Anfang Januar habe das Pflegepersonal in einer Senioreneinrichtung in Kirchen bei einer Bewohnerin schnell steigenden Blutdruck festgestellt. Früher hätte ein Anruf in der zuständigen BDZ Kirchen genügt und der hausärztliche Besuchsdienst wäre schnell dorthin gefahren, um blutdrucksenkende Medikamente zu geben. Nun musste das Pflegepersonal laut Klamm jedoch erst die zentrale Patienten-Hotline 116117 anrufen. Dort sei aber kein Durchkommen gewesen. Nachdem längere Zeit verstrichen war, habe das Pflegepersonal den Notruf 112 gewählt. Der dortige Koordinator habe jedoch alle Notärzte im Einsatz gehabt und musste daher einen Notarzt im Rettungshubschrauber anfordern.

Wartezeiten seien für Patienten unzumutbar

Fälle wie dieser und lange Wartezeiten bei der 116117 sind nach Ansicht von Bernd Klamm für die Patienten unzumutbar. "Es erscheint mir erschreckend, dass die Presseabteilung der KV gebetsmühlenartig daran festhält, die 116117 würde weitgehend reibungslos funktionieren", so Klamm. Mit seiner Kritik ist er nicht allein. Auch die Landtagsabgeordnete und ehemalige Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) und der Landtagsabgeordnete Michael Wäschenbach (CDU) kritisieren etwa die schlechte Erreichbarkeit der Patienten-Hotline und haben sich deswegen bereits mehrfach an die KV gewandt. Bisher ohne Erfolg.

Bernd Klamm kritisiert die Kassenärztliche Vereinigung für ihr schlechtes Management bei der 116117. (Foto: SWR)
Bernd Klamm kritisiert die Kassenärztliche Vereinigung für ihr schlechtes Management bei der 116117.

Vorschlag: Regionale Rufnummern mit einbeziehen

Auch Bernd Klamm hat die KV bereits mehrfach angeschrieben und auf die Missstände aufmerksam gemacht. "Ich habe jedoch nie eine Antwort bekommen", so Klamm. In seinen Briefen habe er der KV etwa vorgeschlagen, die Telefonnummern der jeweiligen Bereitschaftsdienstzentralen zu veröffentlichen. "Die Patienten könnten dann direkt dort anrufen, ohne den Umweg über die 116117. Das würde die Patienten-Hotline entlasten", erklärt Klamm.

Von der Kassenärztlichen Vereinigung ist das eigenen Angaben zufolge aber nicht gewünscht. Die 116117 sei bundesweit eingeführt worden, um ein einheitliches Verfahren zu schaffen. Zudem müssten Patienten auch in ärztlichen Bereitschaftspraxen während der stark frequentierten Zeiten mit erheblichen Wartezeiten am Telefon rechnen, so die KV.

Durchschnittliche Wartezeit bei etwas mehr als drei Minuten

Die Kassenärztliche Vereinigung gibt auf SWR-Nachfrage an, dass die durchschnittliche Wartezeit bei der 116117 bei 3,3 Minuten liegt. Das gelte nicht nur für den Kreis Altenkirchen, sondern für ganz Rheinland-Pfalz. Für 70 Prozent der Anrufer liege die Wartezeit landesweit bei 32 Sekunden. In Stoßzeiten seien die Wartezeiten länger, das betreffe etwa 30 Prozent der gesamten Anrufe.

Wie die Kassenärztliche Vereinigung weiter mitteilt, arbeiten derzeit etwa 50 Mitarbeitende für die 116117 in Rheinland-Pfalz - meist in Teilzeit. Die Besetzung der Dienstpläne erfolge in drei Schichten pro Tag. Wie viele Mitarbeitende pro Schicht arbeiten, hänge jeweils davon ab, wie stark frequentiert die 116117 sei. Stoßzeiten gebe es etwa mittwochs zwischen 14 und 17 Uhr oder freitags zwischen 17 und 20 Uhr.

Kassenärztliche Vereinigung will weitere Stellen besetzen

Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung sind trotz Stellenausschreibungen noch nicht alle Planstellen bei der 116117 besetzt. Es würden dringend noch Mitarbeitende gesucht.

Die Kassenärztliche Vereinigung führt die teils längeren Wartezeit bei der 116117 zudem auf die Corona-Pandemie zurück. Derzeit würden etwa 30 Prozent der Patienten wegen Anliegen rund um das Corona-Virus anrufen. "Ein Abflachen der Pandemie wird sich somit auch auf die Wartezeiten beim Patientenservice 116117 positiv auswirken", so die KV.

Stuttgart

Rufnummer 116 117 Stuttgart: Ärztlicher Notdienst nur schwer zu erreichen

Eigentlich ist der ärztliche Notdienst über die Rufnummer 116 117 zu erreichen. Die Kassenärztliche Vereinigung BW hat das System allerdings umgestellt - sehr zum Ärger von Heimen und Patienten.

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