Heinz Schäfer aus Mayen erinnert sich noch genau an die letzten Monate des Zweiten Weltkrieges. Damals war er acht Jahre alt. Es war der 2. Januar 1945 als er über vier Stunden im Bunker unter der Genovevaburg saß und 68 US-Bomber die Stadt Mayen mit Sprengstoff- und Brandbomben übersähten.

Im Bunker drängten sich über 4.000 Menschen. "Jeder hatte seinen festen Platz auf einfachen Brettern", erinnert sich der mittlerweile 88-Jährige. Der Bunker sei für die Zivilisten gewesen, die Soldaten hätten draußen ausharren müssen. Als der Angriff vorbei war verließen sie den Bunker. Die Bilder der Toten trägt er bis heute mit sich. Fast 400 Menschen starben, darunter auch einige seiner Schulfreunde. Sein kleiner Bruder verlor durch die Druckwellen seine Trommelfelle.
Ähnliches erlebte auch Manfred Gniffke aus Koblenz. Auch dort war durch den Krieg fast alles zerstört.

Kinder mussten nach Kriegsende in Koblenz "hamstern"
Die Franzosen, die selbst kriegsgebeutelt waren, kamen am 1. Juli 1945 nach Koblenz. "Die hatten ja selber nichts", sagt Gniffke. Das Leben wurde also für alle schwer. Gniffke und seine Freunde sind dann "hamstern" gegangen. Als junge schmächtige Buben seien sie durch die Absperrungen an den Bahnhöfen gekommen, auf die Züge geklettert und hätten dort Kartoffeln geklaut. Außerdem hätten sie gebettelt. "Die Erwachsenen haben uns geschickt, weil ein Kind größere Chancen hatte, was zu bekommen. Nur musste man vor der französischen Militärpolizei aufpassen. Der einzige Flußübergang war die alte Moselbrücke. "Dort standen sie und nahmen einem alles wieder ab."
Bilder der befreiten Konzentrationslager schockten alle
Außerdem sind schon zu dieser Zeit die ersten Bilder aus befreiten Konzentrationslagern durch die Presse gegangen, wodurch sich die Besatzungspolitik gewandelt hat. Die Soldaten waren geschockt und reagierten entsprechend.
Irgendwann wurde es besser, der Marschallplan griff, Schweizer Hilfswerke brachten den Kindern Frühstück, Kakao und freitags Schokolade. "Die blaue Schokolade war Vollmilch, die rote war Bitterschokolade." Und irgendwann seien auch nicht mehr so viele Trümmer auf den Straßen gewesen. "Was die Frauen damals geleistet haben", sagt Gniffke im Koblenzer Dialekt, "davon redet heute keiner mehr."
Schreckliche Taten der Nazis auch kurz vor Kriegsende
Hermann-Josef Roth hat das Kriegsende in Montabaur erlebt. Er erinnert sich noch wie er in den letzten Kriegstagen aus dem Fenster geblickt hat und sein Nachbar von der Gestapo abgeführt wurde. "Der hatte sich noch im Bienenhaus versteckt, aber die Hunde haben ihn gefunden." Eine Stunde bevor die amerikanischen Truppen Montabaur erreichten, wurde er noch durch einen Genickschuss am Straßenrand ermordet.

Später habe er dann beobachten können, wie Alt-Nazis wieder Posten in den Verwaltungen bekamen. Ein Bürgermeister aus dem Taunus, sagt Roth, der unter den Nazis noch begeistert seinen Arm hochriss, sei danach zum Beispiel wieder CDU-Spitzenkandidat im Wahlkreis Montabaur gewesen.
Wenn ich heute die Nachrichten einschalte, läuft es mir kalt den Rücken runter!
Und heute? Wenn er die Nachrichten einschalte, sagt Heinz Schäfer aus Mayen, laufe es ihm kalt den Rücken runter. Die zerstörten Häuser, die Menschen in den Luftschutzkellern. Die Zeitzeugen kennen das noch aus eigener Erfahrung.
Kriege von heute rufen Erinnerungen wach
"Dieses Gemisch aus Entsetzen und Resignation in den Blicken", sagt Roth. "Ich kenne diese Blicke von damals." Der ständige Luftalarm, die Angst vor Tieffliegern, das hastige Sammeln von Essen, wenn sich die Gelegenheit bot. Auch Gniffke wird deutlich. Er bedauert, dass die heutigen kriegstreibenden Politiker, die Schrecken des Krieges nicht persönlich erlebt haben: "Wenn die das selber mal mitgemacht hätten, kämen die nicht auf so verrückte Ideen."