Klimaaktivisten von Letzte Generation haben sich auf einer Straße festgeklebt. Eine ähnlich Aktion ist jetzt auch in Mainz geplant. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa | Matthias Balk)

Straßenblockaden in Berlin

Spaltet die "Letzte Generation" die Gesellschaft? Was Umweltschützer in RLP sagen

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Stefanie Hoppe

Klimaaktivisten der "Letzten Generation" blockieren Straßen, beschmieren Parteizentralen und Kunstwerke. Selbst unter Umweltschützern ist ihr Protest umstritten. Was sagen Umweltgruppen in RLP dazu?

Hunderte Aktivisten der "Letzten Generation" wollen nach eigenen Angaben ab Mitte dieser Woche "Berlin zum Stillstand bringen" und mit Klebeaktionen für Straßenblockaden sorgen. Die Aktivisten fordern als Sofortmaßnahmen gegen den drohenden "Klimakollaps" ein Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf den deutschen Autobahnen sowie ein dauerhaftes Neun-Euro-Ticket für Bus und Bahn. Den Ärger von Autofahrern und Autofahrerinnen nehmen sie in Kauf.

Ist die provokante Form des Protestes gerechtfertigt? Die Nachfrage bei den Grünen, Fridays for Future aber auch dem BUND zeigt: Es gibt ein gewisses Verständnis bei Umweltschützern für die Aktionen der "Letzten Generation", aber auch deutliches Unbehagen.

Mainz

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Grüne RLP: Zeit zum Handeln drängt

Die Grünen-Bundestagsfraktion hatte in der vergangenen Woche von einem "elitären und selbstgerechten Protest" der "Letzten Generation" gesprochen. Die Grünen in Rheinland-Pfalz äußern sich etwas moderater und verweisen auf die "drastischen Ergebnisse" des letzten Berichts des Weltklimasrats IPCC. Dieser habe nochmals aufgezeigt, wie sehr die Zeit zum Handeln dränge.

"Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, dass junge Aktivistinnen und Aktivisten aus Angst um ihre Zukunft mit Protesten und Aktivitäten der Politik Druck machen wollen", so die beiden Landesvorsitzenden Natalie Cramme-Hill und Paul Bunjes auf SWR-Anfrage. "Wir sind die letzte Generation, die noch Maßnahmen ergreifen kann und gleichzeitig die erste Generation, die die Folgen des Klimawandels massiv spürt."

Allerdings brauche es beim Kampf für mehr Klimaschutz auch den gesellschaftlichen Konsens. Die Gesellschaft dürfe sich nicht im Streit darüber spalten, hieß es kritisch in Richtung der "Letzten Generation". Politisch würden derzeit wichtige Weichenstellungen vorgenommen, in Mainz und in Berlin.

Fridays for Future: "Menschen nicht gegeneinander aufbringen"

Auch die Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) geht auf Distanz. "Die Klimakrise braucht gesamtgesellschaftliche Lösungen und die finden und erstreiten wir nur gemeinsam und nicht, indem wir Menschen im Alltag gegeneinander aufbringen", sagte FFF-Sprecherin Annika Rittmann in der vergangenen Woche.

Etwas anders positioniert sich der Klimaaktivist Maurice Conrad. Er ist Mitglied im Mainzer Stadtrat und Mitbegründer der FFF-Gruppe in Mainz. "Im Prinzip stehe ich hinter der 'Letzten Generation'. Die haben eine ganz wichtige Debatte angestoßen." Er sei nicht der Meinung, dass die Gruppe die Gesellschaft spalte. "Dass sich manche darüber ärgern, gehört dazu."

Fridays for Future gehe aber bewusst einen anderen Weg und stelle den "niederschwelligen Protest" in den Vordergrund. Dadurch könnten breite gesellschaftliche Schichten mobilisiert werden. Die Vielfalt der Protestmittel sei allerdings wichtig, resümiert Conrad.

RLP

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Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

BUND: Menschen aus Komfortzone herausbringen

Die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Rheinland-Pfalz, Sabine Yacoub, zeigte sich im SWR-Gespräch zwiegespalten.

Einerseits könne die Art des Protestes der "Letzten Generation" vom eigentlichen Thema ablenken. Andererseits führten die Aktionen zumindest zu einer Diskussion. "Jede Gruppe muss ihren eigenen Weg finden, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen", so Yacoub. Die Aktivisten als Terroristen zu bezeichnen, sei "völlig überzogen". Es gehe diesen darum, Menschen aus ihrer Komfortzone herauszubringen. Grundsätzlich seien die Ziele der "Letzten Generation" genau die, die auch der BUND verfolge, nämlich dass der Klimaschutz zügig umgesetzt werde.

"Vielleicht muss man manchmal provozieren." Es dürfe aber auf keinen Fall Gewalt gegen Personen geben. Für den BUND komme eine solche Aktionsform, wie sie die "Letzte Generation" betreibe, allerdings nicht infrage. "Wir sind als gemeinnütziger Verein eingetragen und damit auch verpflichtet, uns an die Gesetze zu halten. Wenn es in Richtung Nötigung geht, ist das nicht mehr unser Weg", so Yacoub.

Letzte Generation

Was sagt die "Letzte Generation" zum Vorwurf, die Art des Protestes lenke vom eigentlichen Thema ab? Was verspricht sie sich von den Provokationen auf der Straße? Von der Pressestelle gab es dazu keine Stellungnahme. Diese Fragen seien schon dutzende Male beantwortet worden, hieß es auf SWR-Anfrage.

In einem von der Gruppe veröffentlichten Podcast erklärt Aktivistin Carla Rochel: "Wir tragen den Protest mitten in die Städte, weil es nicht funktioniert, bei den Konzernen vor der Tür zu stehen. Dieser Protest erreicht nicht die Bevölkerung." Es brauche eine Unterbrechung vom Alltag. "Wir müssen Protest haben, der die Leute wach rüttelt", so Rochel.

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