Das Bildungs- und Erziehungsangebot dürfe in der Corona-Krise nicht auf der Strecke bleiben, fordert Armin Schneider, Direktor des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit (IBEB) in Rheinland-Pfalz, im SWR. Er habe den Eindruck, dass wirtschaftliche Interessen bei der Debatte um die Kita-Öffnung im Vordergrund stünden. Dabei sei der Infektionsschutz und der Kontakt zu Gleichaltrigen bei der Diskussion ebenso zu berücksichtigen.

Der IBEB-Direktor warnt, Entscheidungsträger müssten besonders in der Corona-Krise auf die Umsetzung der Kinderrechte auf Gesundheit, Beteiligung sowie Schutz vor Gefahren achten. "Es darf nicht sein, dass in dieser gesellschaftlichen Krise die Kindertageseinrichtungen zugunsten wirtschaftlicher Interessen zu Betreuungsanstalten degradiert werden." Laut rheinland-pfälzischem Kita-Gesetz hat jedes Kind das Recht auf Förderung. Dieser Förderauftrag breche durch die Schließungen des Kita-Regel-Betriebes seit mehreren Wochen weg.
Kinderrechte stehen auf dem Spiel
Das sieht auch der Landeselternausschuss der Kitas (LEA) in Rheinland-Pfalz so: "Es geht jetzt gar nicht nur um die Familien, die nach vielen Wochen Doppelbelastung inzwischen auf dem Zahnfleisch gehen. Inzwischen stehen auch wichtige Kinderrechte auf dem Spiel, zum Beispiel das Recht auf Bildung", sagte der LEA-Vorsitzender Andreas Winheller. "Kitas sind Bildungseinrichtungen. Viele Kinder werden massiv geschädigt, wenn ihnen die Förderung und der Austausch mit anderen Kindern über lange Zeit vorenthalten wird."
Der LEA erwarte von der Politik ein Angebot für alle Kita-Kinder noch im Laufe des Monats Mai. Es sei wichtig, den Familien und insbesondere den Kindern eine klare Perspektive zu geben.
Kindern Kita-Erlebnis zurückgeben
IBEB-Direktor Schneider spricht sich dafür aus, dass die Einrichtungen vor Ort entscheiden, welche Kinder schneller wieder zurückkommen sollten, weil sie beispielsweise Einzelkinder seien oder einen besonderen pädagogischen Bedarf hätten. Er begrüße deshalb die überarbeitete Regelung zur Notbetreuung. Es bringe nichts, alle Interessen für ganz Rheinland-Pfalz über einen Kamm zu scheren. "Es hängt unter anderem vom Sozialraum ab, was sinnvoll ist", sagte Schneider.
Für Schneider vom IBEB und Winheller vom LEA ist klar, dass ein Normalbetrieb aus Gründen des Gesundheitsschutzes noch lange nicht denkbar sei. Wichtig sei aber, neben einem funktionierenden Notdienst allen Kindern wenigstens teilweise das Kita-Erlebnis zurückzugeben, so Winheller. Sozialer Austausch und die Förderung müssten immer wieder die häusliche Isolation auflockern.
Dem Bildungsexperten Schneider ist es wichtig, die Kinder mit in die Entscheidungen einzubeziehen. "Sie haben ein Bewusstsein für die Situation." Daher sollte das Recht auf Bildung ebenso berücksichtigt werden, wie die Kinderrechte Gesundheit, Beteiligung und Fürsorge.