Die Historikerin und Museumsleiterin Charlotte Glück hatte 23 Pfälzerinnen ausgewählt, die in den vergangenen 1.000 Jahren in Politik, Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Alltag Großes geleistet haben - was jedoch in den Geschichtsbüchern meist nur selten oder sehr kurz erwähnt wird.

Frauen stehen selten in Geschichtsbüchern
Auf großen Plakatbahnen wurde jede einzelne starke Pfälzerin vorgestellt. Mit Erklärtexten und soweit möglich mit Quellen, Zitaten und Bildern, ergänzt mit jeweils zeitgenössischen Kostümen aus dem Nationaltheater Mannheim. Denn leider ist nicht viel Historisches überliefert. Charlotte Glück vom Stadtmuseum Zweibrücken und Regina Heilmann vom Stadtmuseum Ludwigshafen mussten intensiv in alten Büchern und Forschungsberichten stöbern, um Informationen zu finden.
"Die Geschichtsschreiber waren immer Männer. Frauen waren leider den Männern immer rechtlich untergeordnet, und dadurch hat man ganz oft die Dinge, die die Frauen geleistet haben, ihren Männern zugeschrieben."
Frau in Männerkleidern
Charlotte Glück und Regina Heilmann haben spannende Frauen und interessante historische Aspekte entdeckt. Einer der Museumsräume war zum Beispiel transidenten Frauen gewidmet, eine davon lebte um das Jahr 1700. "Philippine Christin, eine Frau, die in Speyer gelebt hat und die sich ein Leben lang als Mann ausgegeben hat. Die als Soldatin im Krieg war, immer in Männerkleidern herumlief. Wir wissen jetzt nicht, war sie ein im falschen Körper geborener Mensch, hat sie sich wirklich als Mann gefühlt, oder hat sie sich nur kostümiert, um bestimmte Dinge zu tun, die ihr als Frau unmöglich gewesen wären. Das ist auch eine Frage, die wir niemals lösen werden können, aber wir können sie darstellen. Sie ist sogar gemalt worden und man würde das Bild eindeutig als Mann identifizieren."
Die Frau Kaiser Heinrichs IV. ging mit nach Canossa
Im Museumsraum der Fürstinnen begegneten wir Bertha von Savoyen. Über sie ist sehr wenig bekannt, man weiß immerhin: Sie war die Frau von Kaiser Heinrich IV., der im Speyerer Dom begraben liegt. "Jeder weiß, dass Heinrich der Vierte nach Canossa gegangen ist und dort im Schnee gestanden und sich fast die Füße erfroren hat. Dass seine Frau diese Reise mit ihm gemacht hat und genau so lang wie er im Schnee gestanden hat, sogar mit dem kleinen Sohn, darüber schweigen die Geschichtsbücher, das erfährt man nur, wenn man sich näher damit befasst."

Ikone des Pfälzischen Aufstands aus Kirchheimbolanden
Anna Mathilde Hitzfeld aus Kirchheimbolanden war maßgeblich am Pfälzischen Aufstand von 1849 beteiligt. Sie war Mitbegründerin des "Frauen-Comites" in Kirchheimbolanden, das die Freischärler mit Kleider- und Nahrungsspenden versorgte. Im Juni 1849 war sie an den Kämpfen in Kirchheimbolanden beteiligt. Sie hatte, auf dem Kirchturm stehend, das Anrücken der preußischen Truppen beobachtet und die im Ort lagernden rheinhessischen Truppen vor dem Feind gewarnt. So rettete sie vielen rheinhessischen Freischärlern das Leben. Eine Tat, weswegen sie revolutionärer Tätigkeit angeklagt wurde. Nachdem die Revolution 1849 gescheitert war, ging sie nach Heidelberg und schrieb sich dort für ein Medizinstudium ein. Liberaler Machenschaften verdächtigt, wurde ihr das Studium erschwert und sie wanderte nach Amerika aus.
Unternehmerin aus Kaiserslautern
Lina Pfaff leitete Anfang des 20. Jahrhunderts in Kaiserslautern ein Unternehmen mit knapp zehntausend Mitarbeitern. Nach dem Tod ihres Bruders Georg 1917 übernahm Lina Pfaff die Firma, die 1910 schon eine Million Nähmaschinen in 64 Länder auf den fünf Kontinenten exportiert hatte.

Die Leistungen der Namenlosen
Neben den Frauen aus bekannten Familien war ein Museumsraum den Frauen gewidmet, deren Namen keiner kennt. "Wir wissen wenig Konkretes über die, die jahrhundertelang die Last des Alltags getragen haben", bedauert Charlotte Glück. Diese Frauen liegen der Historikerin besonders am Herzen. "Ihre Leistung hat man einfach als ganz selbstverständlich genommen. Ich denke jetzt an die Bäuerinnen mit Kindern, die den Hof zu versorgen hatten, an die Arbeiterinnen, das Dienstmädchen, das ausgebeutet wurde in irgendeinem bürgerlichen Haushalt. Das sich nicht mal wehren konnte, wenn der Hausherr übergriffig wurde. Die dann, wenn sie schwanger geworden ist, ihre Dienststelle verloren hat."

Keine Frauen aus der Gegenwart
Die älteste Frau in der Ausstellung war Hildegard von Bingen, die jüngste die Bäuerin Auguste Bader, die sich für die Landfrauenbewegung engagiert hat. Sie wurde um 1900 in Steinwenden in der Westpfalz geboren. Frauen aus unserer Gegenwart fehlten dagegen in dieser Reihe - und das sei volle Absicht gewesen, sagt Charlotte Glück. "Das ist ja Geschichtswissenschaft. Wir legen Wert auf eine gewisse Distanz, damit wir mit einer gewissen Objektivität draufschauen können. Geschichtswissenschaftler schauen immer mindestens 50 Jahre zurück, sonst wird es zur Politik."
Ausstellung soll mit weiteren Frauen ergänzt werden
Die gründliche Recherche der beiden Historikerinnen hat Ergebnisse ans Licht gebracht, die die Besucher der Ausstellung verwundern, verblüffen und nachdenklich machen. Charlotte Glück lädt dazu ein, die Ausstellung mit weiteren Frauenportraits zu ergänzen. Dennn die Schau ist als Wanderausstellung konzipiert und soll auch an anderen Orten gezeigt werden. Man muss keine Feministin sein, um sich von den Schicksalen der dargestellten Frauen berühren zu lassen, und auch männliche Besucher werden diese Ausstellung sicherlich mit Gewinn betrachten können.