SWR Aktuell: Sie kommentieren sonst unter anderem EM- und WM-Finalspiele und jetzt am Finaltag der Amateure das Verbandspokalfinale. Was ist für Sie der Unterschied?
Tom Bartels: Ach, das ist natürlich ein großer Unterschied. Auf der anderen Seite ist dieses Spiel in Weingarten - Schott Mainz gegen Pirmasens - das ist ja wie Fußballalltag. Ich kehre im Grunde dahin zurück, wo ich gekickt habe. Denn ich habe ja auch auf den verschiedensten Amateurplätzen in Nordrhein Westfalen und Niedersachsen gespielt, meine Kinder spielen Fußball - also ich bin mit Amateurfußball großgeworden. Und deswegen freue ich mich da eigentlich fast genauso drauf, vielleicht nicht wie auf ein WM-Finale, aber wie auf den Alltag in der Bundesliga.
Live-Komentator und Sportmoderator Tom Bartels
“Mach ihn - er macht ihn. Mario Götze!!!”
Diese Worte von Tom Bartels am 13.07.2014 kennt jeder Sport- oder Fußballfan in Deutschland. 34,65 Millionen Zuschauer verfolgten das WM-Finale 2014 in Rio de Janeiro. Bis heute ein TV-Rekord. Live-Übertragungen auf den größten Sportbühnen sind seine Welt.
SWR Aktuell: Was sind die Unterschiede zwischen einem Profi- und einem Amateurspiel? Ich stelle mir vor, dass es schwieriger ist, sich auf FK Pirmasens gegen Schott Mainz vorzubereiten als auf Madrid gegen Barcelona.
Bartels: Es ist unterschiedlich. Wenn ich jetzt Madrid gegen Barcelona mache oder Bayern gegen Dortmund, dann weiß ich auch, dass die Zuschauer jeden Spieler kennen und verdammt viel wissen. Und da brauche ich andere Informationen, da geht es mehr um Details. Bei einem Spiel Schott Mainz gegen Pirmasens, das jetzt bundesweit übertragen wird, heißt es natürlich schon ein paar Leute hervorzuheben. Und sich detailliert vorzubereiten, ist ja sowieso Standard für jeden Reporter. Ich habe übrigens genau dieses Spiel, dieses Pokalfinale, schonmal gemacht: Also Pirmasens gegen Mainz und auch in Weingarten, weil ich den Finaltag der Amateure schon viele Jahre mache. Und mein Neffe hat jahrelang bei Schott Mainz gespielt. Deswegen habe ich mich immer um die Spiele beworben und die auch machen dürfen. Und deswegen weiß ich auch, was da für den Verein und die verschiedenen Spieler dranhängt, wie die sich freuen, wenn sie die erste DFB-Pokalrunde erreichen.
SWR Aktuell: Wie bereiten Sie sich auf das Spiel vor? Schauen Sie sich Videos vorab an?
Bartels: Ja, klar. Ich gucke mir Videos an, aber du kannst dich heutzutage ja auch sehr gut aus dem Netz vorbereiten. Das heißt, Du findest alle Spieler, wer wann wo wie gespielt hat, alle taktischen Aufstellungen, dafür spielen die Mannschaften in der Oberliga hoch genug. Aber das meiste mache ich über das Telefon. Natürlich telefoniere ich mit den Trainern, bei Schott Mainz natürlich mit meinem Neffen oder anderen Spielern, die ich aus der Mannschaft inzwischen kenne. Das gehört dazu. Vorbereiten muss man sich. Denn du willst ja über den einen Spieler die besondere Geschichte wissen, wenn der jetzt zum Beispiel das entscheidende Tor macht. Also ohne Vorbereitung geht es nicht.

SWR Aktuell: Gibt es schon irgendeine kleine Geschichte, die sie am Samstag unbedingt erzählen möchten?
Bartels: Einzelne Geschichten bereite ich in den kommenden Tagen vor. Der FK Pirmasens ist in einer Phase, wo sie noch Relegation spielen werden zur Regionalliga. Schott Mainz ist so ein Verein, der fast immer in der Oberliga aufsteigt oder in der Regionalliga wieder absteigt. Ich weiß bei Pirmasens, dass die sich natürlich voll auf die Relegation fokussieren und schauen müssen, ob ihr Torjäger fit wird. Der hat die meisten Tore geschossen, hat aber die letzten Spiele nicht gemacht. Die Saisonendphase war für Pirmasens jetzt extrem fordernd, glaube ich.
SWR Aktuell: Was macht denn so ein Amateurspiel aus, wenn man das kommentiert?
Bartels: Für mich ist das kein großer Unterschied zu den Profis. Vielleicht ist es nicht ganz so schnell, aber das Niveau der Spitzenmannschaften in der Oberliga ist sehr gut. Als Reporter ist es immer super wichtig, hellwach zu sein, weil es in jeder Aktion auf einmal in die andere Richtung gehen und ein Tor fallen kann. Für mich ist das kein gewaltiger Unterschied. Nur, dass man natürlich die Spieler nicht so gut kennt, weil man sie nicht so oft sieht. Ansonsten ist das für mich letztlich Alltag, weil ich auf Fußballplätzen groß geworden bin.
SWR Aktuell: Wie ist denn bei Ihnen der Ablauf beim Finaltag der Amateure?
Bartels: Also ich bin ziemlich früh da, bestimmt zwei Stunden vorher. Wir machen auch Schalten durch alle Stadien. Das heißt, ich werde irgendwann vor dem Spiel mal geschaltet und erzähle, wie das Wetter ist, wie viele Leute da sind, was uns erwartet und um was es für die beiden Mannschaften geht. Denn es geht ja auch um viel Geld, um die erste DFB-Pokalhauptrunde. Dann sprechen wir uns im Team ab. Denn wir haben ja auch nicht die Kameraausstattung wie bei einem Bundesligaspiel. Wir haben viel weniger Kameras. Das heißt, es muss gut überlegt werden, welche Kamera steht wo. Das macht unser Regisseur, damit wir die Tore gut ins Bild setzen und die Spieler groß zeigen können. Dann spreche ich mit dem Schiedsrichter, denn die kenne ich auch nicht so, weil es selten Bundesligavertreter sind. Ich spreche mit den Trainern nochmal vorher, finde heraus, welche Familien sind da? Wo werden die stehen? Wie viele Fans sind mitgekommen? Wann ist der Sonderbus losgefahren?
SWR Aktuell: Was war denn der verrückteste oder ungewöhnlichste Reporterplatz, auf dem Sie mal gesessen sind, um ein Spiel zu kommentieren?
Bartels: Das war wahrscheinlich in Baku, da war Länderspiel in Aserbaidschan. Und da gab es keinen guten Reporterplatz für uns und ich habe in so einem Ansager-Häuschen oben gesessen und musste wirklich bei jedem Spielzug meine Position verändern, weil ich nie das gesamte Spielfeld sehen konnte. In 30 Jahren als Livereporter erlebt man da schon eine ganze Menge. Da ist der Finaltag der Amateure auch immer eine Herausforderung. Aber in Weingarten, das weiß ich noch, habe ich eine ganz gute Position mit einer guten Übersicht.