Ein Mann kauft in einem Tafelladen Lebensmittel. Die Auswahl ist sehr eingeschränkt. Bis auf ein paar Kisten mit Kopfsalat ist das Regal leer. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Immer mehr Kunden, kaum noch Lebensmittel

Fatale Folgen für Tafel im Westen der Pfalz: "Wir sind am Limit"

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Susanne Kimmel
Bild von Susanne Kimmel, Redakteurin im SWR Studio Kaiserslautern (Foto: SWR)

Alles wird teurer und immer mehr Menschen im Westen der Pfalz sind auf die Tafel angewiesen. Doch die Einrichtungen müssen Bedürftige abweisen. Eine gefährliche Entwicklung.

"Wenn das so weitergeht, bekommt am Ende jeder nur noch zwei Radieschen." Ein Satz, der deutlich macht, wie verzweifelt Stefan Opitz und sein Team sind. Der stellvertretende Vorsitzende der Tafel Kaiserslautern beobachtet seit Jahren, dass immer weniger Lebensmittel gespendet werden. Darauf ist die Tafel angewiesen, um ihre Kunden versorgen zu können. In den vergangenen Wochen habe sich die Situation aber zugespitzt.

"Jetzt kommen auch Menschen zu uns, denen das bislang zu peinlich war. Sie können aber nicht mehr anders."

Gleichzeitig zwinge die enorme Preissteigerung in allen Lebensbereichen immer mehr Menschen dazu, das Angebot der Tafel in Anspruch zu nehmen, berichtet Opitz. "Jetzt kommen auch diejenigen zu uns, denen das bislang viel zu peinlich war", verdeutlicht er. Gleichzeitig habe der Krieg in der Ukraine dazu geführt, dass sich auch viele Geflüchtete bei der Tafel meldeten. "Innerhalb weniger Wochen hatten wir plötzlich 40 Prozent mehr Kunden", so Opitz. Das bringe die ehrenamtlichen Mitarbeiter an ihr Limit.

Helferinnen kümmern sich bei der Tafel um das Sortieren der Lebensmittel. (Foto: SWR, SWR)
Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Tafel haben alle Hände voll zu tun, um die vielen Kunden zu versorgen. Gleichzeitig werden die Lebensmittel knapp.

Tafel Kaiserslautern muss Aufnahmestopp verlängern

Die Tafel in Kaiserslautern musste deswegen die Notbremse ziehen. Seit April gilt bei ihr ein Aufnahmestopp. Neue Kunden werden seither abgewiesen und das auf unbestimmte Zeit. "Wir haben keinerlei Aussicht, wann sich diese kritische Lage ändern wird. Vielleicht dann, wenn der Krieg in der Ukraine endet", mutmaßt der Tafel-Vorstand.

Supermärkte spenden immer weniger Lebensmittel

Dass die Supermärkte immer weniger Lebensmittel an die Tafel spendeten, verschärfe das Problem. "Die kalkulieren inzwischen knallhart, kaufen nur noch so viel ein, wie ihnen auch garantiert abgenommen wird", beobachtet Opitz. Wenn doch Obst und Gemüse liegen bleibe, werde es abends zu Schleuderpreisen verkauft. Ein Discounter habe auch das System "Ich bin noch gut" eingeführt, so der Kaiserslauterer Tafel-Vorstand. Dabei würden kürzlich abgelaufene Lebensmittel zu günstigen Preisen angeboten - statt sie wie früher der Tafel zu überlassen. Das sei das gute Recht eines Kaufmanns, bringe die ehrenamtlichen Lebensmittelausgaben aber in Bedrängnis.

Eine Helferin der Tafel präsentiert die Kiste mit Lebensmitteln für einen Kunden.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Martin Schutt)
So prall gefüllt sind die Kisten schon lange nicht mehr. Die Tafeln im Westen der Pfalz bekommen von den Supermärkten immer weniger Lebensmittel gespendet.

"Die Menschen werden ungehalten, wenn sie nichts zu Essen bekommen."

Das bestätigt auch die Tafel in Kusel. "Es wird immer schwieriger, unsere Kunden noch zu versorgen", sagt Ausgabeleiterin Ingrid Becker. Das sorge mitunter auch für Unmut unter den bedürftigen Menschen: "Die Leute werden ungehalten, wenn es nicht genug zu Essen gibt", so Becker. Weil auch in Kusel inzwischen viele Ukrainer die Tafel aufsuchten, drohe hier eine Aufnahmestopp wie in Kaiserslautern. "Wir sind nicht mehr weit davon entfernt", macht die Ausgabeleiterin klar.

Zurück zum Aufnahmestopp in Pirmasens?

Kaum besser sieht es auch in Pirmasens aus. Der vor wenigen Wochen verhängte Aufnahmestopp konnte aktuell zwar aufgehoben werden. Bei der Ausgabe am Dienstag hätten aber innerhalb kürzester Zeit schon wieder 40 neue Menschen vor der Tür gestanden, berichtet eine Mitarbeiterin. Gut möglich, dass es daher schon bald zum Aufnahmestopp zurückgehe.

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