NATO-Hauptquartier auf der Airbase in Ramstein (Foto: SWR, SWR)

Verteidigungsbündnis rückt zusammen

Wie im NATO-Hauptquartier in Ramstein gearbeitet wird

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Auf der US-Airbase in Ramstein befindet sich das Hauptquartier der NATO-Luftstreitkräfte. Die gesamte Planung, Führung und Umsetzung von militärischen Luftoperationen werden von hier geleitet. Mit dem Beschluss beim NATO-Gipfel für ein neues strategisches Konzept für das Militärbündnis steht Ramstein erneut im Fokus.

NATO ist eine Abkürzung für "North Atlantic Treaty Organization", also "Nordatlantische Vertragsorganisation". Sie gewährleistet nach eigenen Angaben die Freiheit und Sicherheit ihrer Mitglieder mit politischen und militärischen Mitteln. Die NATO hat aktuell 30 Verbündete. Davon sind 26 Nationen im Hauptquartier der Luftstreitkräfte (AIRCOM) in Ramstein vertreten.

Das Hauptquartier überwacht von hier aus die Sicherung des NATO-Luftraumes (NATO Air Policing) und führt rund um die Uhr die von den Verbündeten bereitgestellten Kräfte. Brigadegeneral Christoph Pliet leitet die Luftoperationen. "Ungefähr die Hälfte der Bündnispartner unterstützt die Operationen mit Flugzeugen", erklärt Pliet.

NATO-Luftpolizei sorgt für Sicherheit im Luftraum

Die sogenannte Luftpolizei der NATO wird gesteuert durch multinationale Luftoperationszentren (Combined Air Operations Centres oder kurz CAOCs). Eine hat ihren Sitz beispielsweise in Torrejon, Spanien. Sie deckt den europäischen NATO-Luftraum über den südlichen Verbündeten ab, die andere ist in Uedem in Deutschland stationiert und für den Norden verantwortlich. Sie verfügen über ein vollständiges Luft-Lagebild des NATO-Luftraums und können bei Bedarf Piloten mit ihren Flugzeugen in die Luft schicken, wenn es zu unklaren Vorfällen in der Luft oder Luftraum-Verletzungen kommt. Das Hauptquartier in Ramstein ist jederzeit involviert und koordiniert die Einsätze.

Tritt ein Flugzeug oder ein Hubschrauber in den NATO-Luftraum ein und ist zunächst nicht identifizierbar, beispielsweise wegen eines abgeschalteten Transponders, wird die "Luftpolizei" aktiv. Diese Abfangjäger können binnen 15 Minuten starten und sich dem unbekannten Flugzeug annähern, Fotos machen und sicherstellen, dass keine Bedrohungslage besteht. Von 30 Flugplätzen aus könnten innerhalb kürzester Zeit sogenannte Alarmrotten starten, um die etwaige Bedrohungslage zu klären, sagt NATO-Brigadegeneral Pliet. Hierbei handele es sich jeweils um zwei Abfangjäger, die üblicherweise zusammen eingesetzt werden. Das Kommando an die Flugzeuge komme aus Ramstein.

"Wir sind dazu da, dass die Bürger sich sicher fühlen. Dazu sind in allen NATO-Mitgliedsländern etwa 40.000 Soldaten im Einsatz."

Zahl der Aufklärungsflüge durch „Luft-Polizei“ verdoppelt

Die Zahl der Aufklärungsflüge an den Grenzen der NATO-Alliierten hat sich nach Angaben eines NATO-Hauptquartier-Sprechers im Vergleich zu 2021 verdoppelt. In diesem Jahr habe es bereits etwa 430 Zwischenfälle (Stand 22. Juni 2022) gegeben, bei denen Flugzeuge zur Sicherung und Kontrolle des internationalen Luftraums aufgestiegen seien. Zum Vergleich: 2021 waren es insgesamt etwa 370. Grund für die gestiegene Zahl sei auch der Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Seit Ukraine-Krieg täglich 20 Flugzeuge in der Luft

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar gehen jeden Tag etwa 20 Flugzeuge – koordiniert vom Hauptquartier der NATO in Ramstein – in die Luft, erklärt Brigadegeneral Christoph Pliet. Neben Kampfjets seien das vor allem auch Aufklärungsflugzeuge der Nationen, Tankflugzeuge und Drohnen der NATO. Wer wann und wo in der Luft ist, welches Flugzeug an welcher Koordinate in der Luft betankt werden muss und wann die Flugzeuge wieder wo landen, all das werde in der Operationszentrale in Ramstein geplant und mit allen beteiligten Nationen koordiniert.

Ob deutsche Eurofighter, die beispielsweise ab August zum Einsatz in Estland kommen sollen, amerikanische F-18 oder F-35, die zurzeit in Spangdahlem stationiert sind und vorübergehend für Überwachungsflüge an der Ostflanke zuständig sind oder Aufklärungsflugzeuge. Im Hauptquartier der NATO in Ramstein laufen alle Fäden zusammen.

"Fälle" häufig durch russische Maschinen verursacht

Häufig gehe es um russische Maschinen, beispielsweise an der Ostsee vor der Küste der baltischen Verbündeten, so ein NATO-Sprecher. Dass Jets in die Luft geschickt werden müssten, liege daran, dass das Radar nicht immer die nötigen Informationen liefern könne. Die Jets könnten sich am Himmel ein Bild der Lage verschaffen, beispielsweise Fotos der Maschinen machen. Alle gesammelten Informationen landeten dann wieder im Hauptquartier und ergänzten das Lagebild für den gesamten NATO-Luftraum. Zurzeit liege der Fokus angesichts des Ukraine-Kriegs vor allem auf der gesamten Ostflanke, von Bulgarien und Rumänien im Süden bis nach Estland im Norden.

650 internationale Mitarbeiter für NATO im Einsatz

Innerhalb der NATO gibt es die sogenannte "integrierte Kommandostruktur". Das bedeutet, dass die Verbündeten ihr militärisches Fachpersonal im Hauptquartier in der Westpfalz einsetzen. So gibt es zum Beispiel Wetterexperten aus den USA, Aufklärungsspezialisten aus Großbritannien, Betankungsfeldwebel stammen aus Frankreich. Die meisten NATO-Mitarbeiter, etwa 650 insgesamt aktuell, sind in Ramstein für drei Jahre stationiert. Eine Verlängerung ist möglich, aber auf Lebenszeit bleiben nur die Wenigsten.

Welches Land besetzt welche Position?

Welche Länder welche Positionen im NATO-Hauptquartier übernehmen, darüber einigen sich die Verbündeten im Vorfeld. Beispielsweise ist der Befehlshaber immer ein US-General, sein Stellvertreter ein Franzose – wie aktuell – oder ein Brite. Den Stabschef stellt zurzeit Italien.

Seit Mai leitet deutscher Brigade-General NATO-Operationen

Christoph Pliet – Brigadegeneral und Leiter der Luftoperationen des NATO-Bündnisses (Foto: SWR)
Christoph Pliet – Brigadegeneral und Leiter der Luftoperationen des NATO-Bündnisses

Christoph Pliet leitet die Luft-Operationen des NATO-Bündnisses seit 13. Mai 2022. Auch er hat die Aufgabe für drei Jahre inne. Angesichts des Ukraine-Kriegs hat er aktuell einen besonders anspruchsvollen Job. Mindestens genauso wichtig wie seine Zusammenarbeit mit den NATO-Partnern ist Pliet aber der ständige Austausch mit Verbandsbürgermeistern und den Kommunen.

"Die Zusammenarbeit ist gut, wie es sich für den wichtigsten Standort der Amerikaner und der NATO außerhalb der USA gehört."

Der erfahrene Militärangehörige spricht von 30 Jahren, in denen keiner darüber nachgedacht habe, dass Europa potenziell bedroht werden könnte. Hier müsse man nach Beginn des Ukraine-Krieges umdenken. Er sagt, da sei ein Schalter, der in vielen Gehirnen umgelegt werden müsse in der Gesellschaft, in Deutschland, in ganz Europa. "Aber ich denke wir sind auf dem Weg dorthin“, sagt Pliet.

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SWR