Prozessauftakt am Jugendschöffengericht in Pirmasens wegen Kindesmisshandlung. (Foto: SWR)

Gerichtsverhandlung in Pirmasens

Stiefmutter soll Kind misshandelt haben

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Am Mittwoch begann vor dem Jugendschöffengericht in Pirmasens der Prozess gegen ein Ehepaar, das sein Stiefkind misshandelt haben soll.

Die beiden Angeklagten sind nach Angaben des Gerichts verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder sowie ein drittes Kind, das der Mann mit in die Beziehung gebracht hat. Dieses Kind soll die Frau zwischen August 2017 und Mitte Juni 2019 immer wieder misshandelt haben. Ihr Mann ist ebenso angeklagt, weil er von den Misshandlungen gewusst haben soll, aber offenbar nichts dagegen unternommen hat, heißt es vom Gericht.

Stiefmutter streitet die Vorwürfe ab

Der Junge war zum Zeitpunkt der Taten sechs bis acht Jahre alt. Seine Stiefmutter bestreitet vor Gericht sämtliche Vorwürfe. Das Kind habe sich alle Verletzungen selbst zugefügt, weil es seine Stiefmutter nicht leiden könne. Sie habe ihn genauso behandelt wie ihre beiden leiblichen Kinder auch.

Angeklagte soll Wunde mit Salz eingerieben haben

In der Anklage heißt es, dass die Frau ihr Stiefkind nahezu täglich mit einem Stock auf die nackten Füße, das Handgelenk und den Rücken geschlagen haben soll. Und zwar immer, wenn ihr Mann nicht da war. Zudem soll sie die am Handgelenk entstandene Wunde mit Salz eingerieben haben, um dem Kind starke Schmerzen zuzufügen. Außerdem habe sie das Kind sowohl mit der Hand als auch mit einem Schlüsselbund ins Gesicht geschlagen.

Obwohl die Stiefmutter dem Kind Schläge angedroht hatte, falls es in der Schule oder beim Jugendamt um Hilfe bitten würde, vertraute sich das Kind nach Auskunft des Gerichts seinen Lehrern an. Daraufhin habe die Frau das Kind bestraft, indem sie die offenen Wunden mit Chili eingerieben habe.

Vater des Kindes soll Stiefmutter nicht an Misshandlung gehindert haben

Darüber hinaus soll die Frau eine Hand des Kindes soweit nach hinten gebogen haben, bis der Knochen im Arm gebrochen ist. Der Vater des Kindes soll nach Auskunft des Gerichts davon gewusst haben. Er habe das Kind zwar in ärztliche Behandlung gebracht, habe aber nichts zum Schutz des Kindes unternommen. Zudem habe er die Hilfsangebote des Jugendamtes abgelehnt.

Zusätzlich zu den Schlägen haben die beiden Angeklagten das Kind auch vernachlässigt. Es sei regelmäßig mehrere Stunden in seinem Zimmer eingesperrt worden und habe nur Brot und Obst zum Essen bekommen, während die anderen beiden Kinder gemeinsam mit den Eltern warme Mahlzeiten gegessen hätten. Das habe zur Folge gehabt, dass das Kind bei Lehrern und Mitschülern um Essen bettelte.
Nach Angaben der Stiefmutter hat der Junge seine Mahlzeiten weggeworfen. Wenn er gemeinsam mit den Eltern und seinen beiden Stiefgeschwistern gegessen habe, habe er soviel gegessen, dass er sich später übergeben habe.

Kind sagt ebenfalls vor Gericht aus

Der Junge hat am Mittwoch auch vor Gericht ausgesagt. Er bestätigt die Vorwürfe aus der Anklageschrift, dass seine Stiefmutter ihn misshandelt habe. Nur eingesperrt worden sei er nicht, sagte das Kind aus. Gegen seinen Vater will der Junge nach eigenen Angaben nicht aussagen. Nach den Misshandlungen ist der Junge vom Jugendamt in einer Wohngruppe untergebracht worden.

Alpträume, Wachstumsstörung, Verhaltensauffälligkeiten

Aufgrund der Misshandlungen seien bei dem Kind neben einer Wachstumsstörung auch eine Essstörung, sowie Schlafstörungen mit Alpträumen, Ängste und Verhaltensauffälligkeiten entstanden.

Der Vater und die Stiefmutter des Jungen haben sich 2019 getrennt. Die Frau sagte vor Gericht aus, dass ihr Mann sie geschlagen habe. Daraufhin habe sie ihn angezeigt und sei ausgezogen.

Der Vater und die Stiefmutter des Kindes müssen sich vor Gericht wegen der Misshandlung von Schutzbefohlenen, Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung, teilweise auch durch Unterlassen verantworten.

Urteil erst im Juni zu erwarten

Das Gericht hat heute einen weiteren Prozesstag angesetzt, da noch mehrere Zeugen vernommen werden sollen. Voraussichtlich am 8. Juni soll es weitergehen. Dann wird auch mit einem Urteil gerechnet.

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SWR