Angst um Angehörige

Erdbeben in Türkei und Syrien: Trauer und Leid auch in Kaiserslautern

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Auch in Kaiserslautern leben Menschen aus der Türkei und Syrien, die Verwandte im Erdbebengebiet haben. Sie erleben gerade eine schwere Zeit.

Türkische Studentin trauert und bangt um Familie in Erdbebengebiet (Foto: SWR)
Die türkische Studentin Sibel Göde in Kaiserslautern.

"Mein Onkel ist beim Erdbeben gestorben. Seine Leiche wurde am Donnerstag aus den Trümmern geborgen", erzählt Sibel Göde, Masterstudentin an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) in Kaiserslautern. Die 27-Jährige ringt nach Worten. Sie muss im Gespräch immer wieder neu ansetzen. Ihre Familie sei in der türkischen Provinz Hatay von den schweren Erdbeben am Montagmorgen überrascht worden.

Sie selbst hat seit Tagen kaum geschlafen. Göde wirkt vom Stress erschöpft. Ihre Tante sei aber noch in den Überresten ihres Wohnhauses verschollen. Ob sie noch am Leben ist, weiß Göde zurzeit nicht. Vater, Mutter und ihre beiden Brüder konnten sich aber in Sicherheit bringen.

Weder Trinkwasser, Nahrung noch Strom im Erdbebengebiet in der Türkei

Sie seien inzwischen in einen anderen Ort innerhalb der türkischen Provinz Hatay geflohen. "Meine Familie muss im Moment im Auto schlafen", berichtet die 27-Jährige. Das Wohnhaus sei völlig zerstört. Außerdem gebe es vor Ort weder Trinkwasser, Nahrung noch Strom. Auch das Telefonnetz sei zeitweise zusammengebrochen. "Ich konnte erst am Donnerstag erstmals mit meiner Familie sprechen. Davor konnte ich niemanden erreichen", erzählt die Kaiserslauterer Studentin. Sie mache sich große Sorgen um ihre Familie in der Türkei.

Zurzeit keine Einreise in das Erbebengebiet möglich

"Ich habe auch überlegt in die Türkei zu fliegen, um meine Familie vor Ort zu unterstützen", sagt Göde. Allerdings sei es im Moment fast unmöglich, von außerhalb in die türkische Provinz Hatay einzureisen. Es bräuchte nämlich eine Sondergenehmigung, die aktuell Rettungskräften vorbehalten ist. 

"Auch wir sind betroffen", sagt Mustafa Sahin, der Vorsitzende des Fußballvereins Fatihspor Kaiserslautern. Einige Vereinsmitglieder hätten Angehörige, die im Erdbebengebiet leben - zum Beispiel in Gaziantep, Adiyaman, Sanliurfa. Im Verein spielen auch syrische Geflüchtete, die um ihre Angehörigen auf der anderen Seite der Grenze fürchten. "Es sind Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen, die gerade versuchen, unter diesen Bedingungen zu überleben", sagt Sahin. Ein Teil seiner Familie würde zum Beispiel im Moment im Auto leben.

"Angst und Hoffnung wechseln sich ab"

Viele Angehörige seien zurzeit nicht erreichbar - zum Beispiel der Verlobte seiner Cousine. Die beiden wollten kommende Woche heiraten. "Im Moment ist es schwierig, irgendwoher Rückmeldungen zu bekommen. Man hofft immer noch - die Hoffnung stirbt zuletzt - aber je länger es dauert, desto schwieriger wird es", sagt Mustafa Sahin. Angst und Hoffnung würden sich ständig abwechseln, sagt Sahin. Die Gedanken würden ständig zu den Menschen in der Erdbebenregion wandern. "Wenn ich Ihnen sagen würde, dass ich die vergangenen Nächte gut geschlafen habe, würde ich lügen."

Fatihspor Kaiserslautern sagt Training ab

Fatihspor Kaiserslautern hat für diese Woche das Fußballtraining abgesagt. "Es gibt im Moment Wichtigeres als Fußball", sagt der Vorsitzende Mustafa Sahin. Die Vereinsmitglieder sollen erst einmal die Zeit bekommen, mit ihren Familien über das Erdbeben in der Türkei und Syrien und die Auswirkungen zu reden. Und wenn dann irgendwann wieder Training stattfindet, werden die Fußballer unter sich bestimmt auch noch einmal darüber sprechen.

Nach dem Erdbeben in der Türkei offen die Angehörigen in Kaiserslautern auf Nachrichten. Sie schauen ständig auf ihr Handy. (Foto: SWR)
Das Handy ist im Moment das wichtigste Informationsmedium für Mustafa Sahin.

Mustafa Sahin erzählt die Geschichte seines dreijährigen Sohnes, der die Bilder aus dem Erdbebengebiet gesehen hat - und spontan Schuhe und Anziehsachen spenden wollte. "Das war ein sehr emotionaler Moment für mich."

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