Untergebracht in der Alten Post

Geflüchtete aus der Ukraine in Kaiserslautern - wie leben sie?

Stand
AUTOR/IN
Nadiia Shapovalova

Seit Februar dieses Jahres sind Tausende Geflüchtete aus der Ukraine in den Westen der Pfalz gekommen. Meist sind sie in Wohnheimen untergekommen. Hier beschreibt eine Betroffene das Leben dort.

Kaiserslautern

ПОСЕЛЕНІ У БУДІВЛЮ КОЛИШНЬОГО ПОШТАМТУ Вимушені поїхати з України до міста Кайзерслаутерн – як вони живуть?

З лютого цього року тисячі біженців з України приїхали до Західного Пфальцу. Більшість живе у  гуртожитках. У цій статті з перших вуст описується життя там.

Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Nadiia Shapovalova ist 23 Jahre alt und stammt aus der ukrainischen Stadt Dnipro. An der Uni hat sie einen Master in Philologie, Germanische Sprachen und Literaturen gemacht. In Dnipro hat sie als Übersetzerin gearbeitet, aber auch für den Beruf der Journalistin hat sie sich sehr interessiert. Am 12. April 2022 floh sie aus der Ukraine, seit dem 17. April ist sie in Kaiserslautern. Im November absolvierte sie ein zweiwöchiges Praktikum im SWR Studio Kaiserslautern. Die Redaktion hat sie gebeten, einen Bericht über ihr Leben in der Unterkunft für Geflüchtete zu schreiben. Hier ist er.

Einige Ukrainer, die am 24. Februar 2022 mit dem Klang der Raketen und Bomben aufwachten und sich entschieden, ihre Heimat zu verlassen, fanden in der Stadt Kaiserslautern Unterkunft. Der Krieg hat alle Werte über den Haufen geworfen, die Menschen haben die Beziehungen untereinander besonders schätzen gelernt.    

Die Alte Post in Kaiserslautern: Eine Heimat für Flüchtlinge aus der Ukraine

Niemand der ukrainischen Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnheims in Kaiserslautern, die zum Beispiel aus Kiew, Charkiw, Cherson oder Luhansk kommen, konnte sich jemals vorstellen, dass sie sich in der Stadt Kaiserslautern treffen, noch weniger in einer Küche. Trotz ihrer Herkunft aus verschiedenen Städten, ihrer verschiedenen Alter, der verschiedenen Charaktereigenschaften, der verschieden Berufe haben diese Menschen viel gemeinsam. Dabei geht es nicht um materielle Dinge wie das Geschirr, den Flur, die Dusche oder die Toilette. Es geht um eine unsichtbare, aber fühlbare besondere Atmosphäre, die geschaffen werden konnte.

Ninas Flucht aus der Ukraine nach Kaiserslautern 

Eine Bewohnerin des Wohnheims ist Nina, sie ist ausgebildete Ingenieur-Systemtechnikerin. Mit Tränen in den Augen erzählt sie über ihren Weg nach Deutschland. Alles habe unter Beschuss gestanden. Es sei unklar gewesen, was jeden Moment eines jeden Tages hätte passieren können.

Direkt neben ihrer Wohnung habe die Schule gebrannt, die ihr Enkel besucht habe. Zwei Wochen nach dem Krieg fuhren ihre Tochter und sie ins Nirgendwo. Zuerst mit dem Zug, dann mit dem Bus. Nina hatte nicht erwartet, dass sie mal in ihrem Alter von Mitte 60 in einem Wohnheim wohnen würde. Sie hat überhaupt nie zuvor im Wohnheim gewohnt.

"Ich bin den deutschen Freunden und Deutschland sehr dankbar, dass sie uns aufgenommen haben und uns ein ruhiges halbes Jahr des Lebens gegeben haben."

In Kaiserslautern besucht Nina gerne die Deutschkurse. Sie seien eine Möglichkeit, sich zu beschäftigen. Einfach in den vier Wänden sitzen sei schwer, langweilig und uninteressant.

Nina hätte nie erwartet, dass sie mit Menschen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak und anderen Ländern zusammen wohnen könnte. Im Sommer habe das Deutsche Rote Kreuz ein Treffen mit allen Bewohnerinnen und Bewohnern der Unterkunft in Kaiserslautern arrangiert. Dabei hätten sich alle Nationalitäten kennengelernt, seien Freunde geworden.

"Natürlich hoffe ich, dass der Krieg sehr bald aufhört, es wieder stabil zu Hause wird, niemand mehr bombardiert wird, und wir hier nicht noch 10 oder 20 Jahre sind. Immer noch ist die Ukraine die Heimat meiner Vorfahren, ich habe dort eine eigene Wohnung. Aber insgesamt ist die Atmosphäre im Wohnheim gut, positiv und freundlich."

Nataliia: Aus Charkiw nach Kaiserslautern der Tochter wegen

Nataliia aus Charkiw, eine ausgebildete Zahnmedizinerin, hatte in ihrem Heimatort in der Ukraine im November 2021, nach 21 Jahren Arbeit in der staatlichen Klinik, eine eigene Zahnpraxis eröffnet. Aber dort konnte sie nicht lange arbeiten. Vor allem wegen ihrer Tochter sei sie aus der Ukraine geflüchtet.

Hier in Deutschland ist es ruhig. Nichts fliegt einem über den Kopf. Als wir schon ankamen, gestand meine Tochter mir, dass sie von dem Krieg erschrocken war.

Nataliia ist sehr dankbar, dass sie mit ihrer Tochter in Kaiserslautern aufgenommen wurde. An Deutschland mag sie besonders die Natur und die schöne Architektur. Im Wohnheim gebe es eine häusliche Atmosphäre.

Aber Nataliia gesteht offen, dass sie immer noch nach Hause will. Sie kommt aus einer Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern. Ihre Tochter Daryna habe die Musikschule besucht und sei seit ihrer Kindheit zu Gesangstrainings gegangen. Sie sei mit dem Chor an vielen Orten aufgetreten, auch bei den Weltfestspielen in Tallinn. Nataliia habe ein sehr aktives und erfülltes Leben gehabt, und jetzt fehle ihr diese Bewegung.

Die Menschen aus der Ukraine haben sich in Kaiserslautern eingelebt

Aber was macht das Leben in dem Wohnheim für die Geflüchteten aus der Ukraine aus? Da sind zum Beispiel die "Warenyky-Kränzchen". In der Küche wird die traditionelle Lieblingsspeise der Ukrainer "Warenyky" zubereitet. Alle kommen zusammen und reden miteinander, das ist mittlerweile eine feste Tradition.

Auch wenn ein Bewohner oder eine Bewohnerin Geburtstag hat, feiert das ganze Stockwerk in der Küche. Dabei werden auch Lieder gesungen. Nataliia aus Dnipro, die auch im Wohnheim in Kaiserslautern lebt, würde ihren Geburtstag natürlich lieber mit Familie und Freunden feiern. Aber mittlerweile seien ihre Nachbarn ihre Familie geworden.

Unterstützung beim Behördengang? Meistens in der Küche der Gemeinschaftsunterkunft

Und auch mit dem Papierkram der deutschen Behörden unterstützen sich die Bewohnerinnen und Bewohner gegenseitig: Welche Dokumente müssen bis wann wohin? Was ist noch zu beachten? In der Küche, die meistens der Treffpunkt ist, gibt es oft einen Rat.

Hilfsbereitschaft für Geflüchtete aus der Ukraine

In dem Wohnheim in Kaiserslautern leben mehr als 300 Bewohnerinnen und Bewohner aus unterschiedlichsten Ländern. Bisher gab es keine Probleme. Ein Mann aus dem Irak und ein Mann aus Kashmir haben mir geholfen, das vom DRK geschenkte Fahrrad zu reparieren. Und ein Junge aus Pakistan hat mir geholfen, eine schwere Tasche zu tragen.

Hier in Kaiserslautern können die Menschen aus der Ukraine wieder etwas planen und ohne andauernden Stress leben. Sie versuchen einfach, ihr Bestes zu tun. Sie sind alle unterschiedlich, aber sie bemühen sich, einander zu verstehen. Und sie schätzen besonders alle Treffen, die ihnen wieder ermöglichen, sich wie ein Mensch zu fühlen.

Kaiserslautern

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Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

Pirmasens

Immer mehr Asylsuchende Nicht nur aus der Ukraine: Pirmasens sucht Wohnraum für Flüchtlinge

Auch im Westen der Pfalz kommen derzeit immer mehr Geflüchtete an - aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern. Pirmasens sucht deswegen dringend nach Wohnraum, Kaiserslautern nach Sachspenden.

Am Vormittag SWR4 Rheinland-Pfalz

Zweibrücken

ARD-Themenwoche "WIR gesucht" "Zukunft zusammen" e.V. aus Zweibrücken kümmert sich um Geflüchtete

Der Zweibücker Verein "Zukunft zusammen" hilft geflüchteten Menschen, egal aus welcher Region der Welt sie stammen. Er hilft dabei in allen Lebenslagen, auch bei der Integration in die Gesellschaft.

Der Nachmittag SWR1 Rheinland-Pfalz

Kaiserslautern

SWR-Umfrage Ausländerbehörden im Westen der Pfalz stark belastet

Die Flüchtlingskrise von 2015 und jetzt gerade der Ukraine-Krieg haben die Ausländerbehörden in der Region stark in Anspruch genommen. Das hat eine Umfrage des SWR ergeben.

Am Morgen SWR4 Rheinland-Pfalz

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Nadiia Shapovalova