"Am Anfang ist es für Angehörige unvorstellbar, dass so etwas passiert ist. Eine Möglichkeit zu helfen, ist, den Menschen beizustehen, ihnen die Gelegenheit geben, reden zu können." Das sagt Alexander Jatzko. Er ist Chefarzt für Psychosomatik im Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern. Unter anderem hat er zu Menschen mit traumatischen Erfahrungen geforscht. Gerade im Hinblick auf die Kollegen der beiden getöteten Polizisten in Kusel rät Jatzko:
“Jetzt weiterzumachen ist auf jeden Fall wichtig, um zu sehen, dass es etwas Außergewöhnliches war, das normalerweise bei einer Verkehrskontrolle nicht passiert. Es ist wichtig wieder mitzukriegen, wie Menschen normalerweise reagieren, um wieder Sicherheit zu bekommen.”
Sowohl den Kollegen als auch den Familien der beiden getöteten Polizisten haben nach der Tat Seelsorger der Polizei zur Seite gestanden. Um die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Fall stehen, zu schmälern, wurde für die Hinterbliebenen ein Spendenkonto der Polizeistiftung eingerichtet. Das ist eine Ausnahme, die aufgrund der Schwere und Tragweite dieses Falls eingetreten ist.
Doch auch bei weniger Aufsehen erregenden Fällen gibt es Anlaufstellen für Personen, deren Bekannte oder Angehörige einer Straftat zum Opfer gefallen sind.
Anlaufstellen für Opferschutz begleiten Angehörige
Eine der größten Anlaufstellen für Opfer und deren Angehörigen ist der Weisse Ring. Gerhard Schleich leitet ehrenamtlich die Außenstelle Kusel. Er wurde bereits von Personen aufgesucht, die Angehörige durch einen Mord verloren haben. "Sie sind im ersten Moment total verzweifelt. Sie sind schockiert und stehen oft neben sich. Und diese Trauer, die muss man dann auch ertragen können mit diesen Leuten", sagt Schleich.
Ehrenamtliche Mitarbeiter wie Gerhard Schleich begleiten die Betroffenen, wenn gewünscht, von Anfang an bis zum finalen Gerichtsurteil. Dabei unterstützen sie auch beim Ausfüllen von Dokumenten, zum Beispiel bei der Beantragung von finanziellen Hilfen. Wie die Beratung und der Umfang der Hilfe aussehen, richtet sich ganz individuell nach den Bedürfnissen der Personen.
"Es sind mehrere Gespräche erforderlich. Man muss schauen, was fehlt den Leuten und was brauchen sie, um aus diesem Dilemma rauszukommen. Natürlich kann man die Tat nicht mehr rückgängig machen. Da zu sein für die Angehörigen, ist da das Wichtigste", betont Schleich.
Die Opferbegleiter dürfen keine Rechtsberatung geben. Sie können jedoch aufzeigen, welche Rechte den Betroffenen grundsätzlich zustehen.
Finanzielle Hilfen stehen Betroffenen per Gesetz zu
Das Bundesministerium für Justiz hat eine Seite für Opfer von Straftaten und deren Angehörigen eingerichtet. Auf den Seiten erhalten sie Infos über Angebote, aber auch was ihnen rechtlich zusteht. Eines der wichtigsten Hilfsmittel ist dabei das sogenannte „Opferentschädigungsgesetz“ (OEG). Es besagt, dass Opfer und deren Angehörige Anspruch auf Entschädigung haben, also finanzielle Hilfe erhalten dürfen:
"Wer persönlich oder als Angehöriger durch eine Gewalttat einen gesundheitlichen Schaden erlitten hat, dem stehen möglicherweise Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu.“ (Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)
Wie hoch die Summe ist, hängt vom Ausmaß der Schädigungsfolgen und den tatsächlich eingetretenen wirtschaftlichen Nachteilen ab.
Hinterbliebene können einen formlosen Antrag bei der Versorgungsbehörde ihres jeweiligen Bundeslands stellen. Die finanziellen Hilfen, die die Angehörigen bekommen, können zum Beispiel für eine psychologische Betreuung oder Bestattungs- und Sterbegeld verwendet werden.
Angebote können helfen, aber nicht heilen
Psychologische Unterstützung, spezifische Anlaufstellen und finanzielle Hilfen - es gibt Angebote, die Angehörige wahrnehmen können, um die Ausnahmesituation zumindest etwas zu erleichtern. Doch es bleibt trotzdem ein schwerer Weg für alle.