In der Lebensgeschichte des Kaiserslauterer Autors Christian Baron geht es um massive gesellschaftliche Ungleichheit, um Armut und das Ergreifen von Chancen, die es eigentlich gar nicht gibt. SWR-Studioleiterin Nicola Geck hat mit Christian Baron auf der Filmpremiere in München gesprochen.
SWR Aktuell: Wie geht es Ihnen, jetzt wo sie die Filmpremiere Ihres Buches "Ein Mann seiner Klasse" gesehen haben?
Christian Baron: Es ist emotional sehr herausfordernd. Das auf der Leinwand zu sehen ist was ganz anderes, als es auf einem kleinen Screen zu gucken oder selbst geschrieben zu haben oder einen Vortrag zu halten. Es ist eine gefühlte Erleichterung, dass es das Publikum so gut aufgenommen hat. Denn ich war nach dem ersten Schauen überzeugt davon, dass es gut ankommt.
SWR Aktuell: Gab es für Sie Gänsehaut-Momente?
Baron: Da gibt es viele. Angefangen bei den schönen Momenten, wo der Vater den Sohn nicht beschimpft, weil er wie ein Mädchen aussieht, sondern ihm sagt: "Es ist egal und du musst nur stolz sein." Oder der Tanz mit der Mutter - diese ganz enge Bindung zur Mutter. Aber auch die Art und Weise, wie couragiert die Tante Juli auftritt.
SWR Aktuell: Im Film spielt Camille Loup Moltzen den kleinen Christian. Haben Sie sich wiedergefunden?
Baron: Ich habe ihn ja schon in Casting-Videos gesehen und glücklicherweise waren wir alle einer Meinung: Das ist der kleine Christian! Aber, dass er diesen Film so trägt - gemeinsam mit den anderen Schauspielern - das hat mich absolut geflashed. Ich bin sehr begeistert und auch froh, weil ich gesehen habe bei den Dreharbeiten, dass er mit der ganzen Sache sehr gut umgehen kann. Dass ist ja auch wichtig, dass ein Kind versteht, was es da dreht. Er ist ein unglaublich talentierter Junge, ein kloarer Kerl, wie man in der Pfalz sagt.
SWR Aktuell: Der Film wurde zum Teil vor Ort in Kaiserslautern gedreht. Haben Sie ihre Stadt wiedererkannt?
Baron: Ja. Es ist das Kaiserslautern, wie ich es aus den 90er-Jahren kenne und auch da bin ich sehr stolz, dass der SWR und die Saxonia bereit waren, in Kaiserslautern selbst zu drehen. Das ist eine ganz wichtige und richtige Entscheidung, dass man die Originalschauplätze genommen hat. Das sagt viel aus über die Zeit und auch die Umstände, in denen wir gelebt haben. Ich habe ganz viele Leute getroffen, die mir gesagt haben: "Ich habe in den 90ern in Kaiserslautern gelebt, aber nicht gewusst, dass es diese Parallelwelt gibt." Jetzt sehen wir sie auf der großen Leinwand.
SWR Aktuell: Sie erzählen Ihre Geschichte. Haben Sie eine zentrale Botschaft?
Baron: Ich würde jetzt nicht sagen, ich habe eine zentrale Botschaft. Ich bin auch kein Politiker. Ich wollte einfach meine Geschichte erzählen. Dass diese Geschichte dann politisch wirksam wird, da habe ich keinen Einfluss drauf. Für mich persönlich ist es so, dass mein ganzes politisches Denken und Wollen von meiner Biografie abhängig ist. Also die Tatsache, dass ich den Kapitalismus kritisch sehe, dass ich für mehr soziale Gerechtigkeit einstehe und mich sehr darüber ärgere, wenn eine Regierung nach der nächsten den Sozialstaat eher ab- als ausbaut und soziale Ungerechtigkeit immer weiter steigt, ist das ein unglaublicher Skandal. Und zu zeigen, dass das Leben da unten genauso hart ist wie in der Mitte, aber auch nichts beschönigen. Nicht so tun, als wären alle Menschen da unten nur Opfer ihrer Verhältnisse. Das muss man auch zeigen. Wenn ich eine Botschaft habe, dann: Seht nicht weg, sondern seht mal mehr hin.
SWR Aktuell: Es wird Mitte September eine Preview des Films im SWR-Studio Kaiserslautern geben. Wie sehen Sie der entgegen?
Baron: Wenn ich Lesungen in Kaiserslautern habe, freue ich mich besonders stark darauf. Ich sag immer: Wenn der Applaus bei der Lesung stattfindet, ist das immer, wie wenn Ragnar Ache für den FCK vor der Westkurve ein Tor schließt. Und so wird es sich beim SWR bei der Preview doppelt und dreifach anfühlen. Ich bin einfach nur begeistert, dass das in Kaiserslautern gezeigt wird.