David Sirakov, der Direktor der Atlantischen Akademie in Kaiserslautern, glaubt nicht, dass die Spannungen zwischen Amerika und China, aufgrund des Besuchs von Nancy Pelosi in Taiwan, Auswirkungen auf Deutschland haben. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance/dpa/Taiwan Ministry of Foreign Affairs/AP | Uncredited)

USA und China auf Konfrontation

Kaiserslauterer US-Experte zum Besuch von Pelosi in Taiwan: "USA will China in die Schranken weisen"

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INTERVIEW
Susanne Kimmel

David Sirakov ist US-Experte und Direktor der Atlantischen Akademie in Kaiserslautern. Im Interview mit SWR Aktuell spricht er über den umstrittenen Besuch der US-Demokratin Pelosi in Taiwan.

SWR Aktuell: Welche Bedeutung hat der Pelosi-Besuch in Taiwan für die USA?

David Sirakov: Der Besuch der Sprecherin des Repräsentantenhauses ist der erste einer hochrangigen Vertreterin der Vereinigten Staaten seit 25 Jahren. Das zeigt schon mal, dass wir es mit einem durchaus bemerkenswerten und bedeutenden Besuch zu tun haben. Auch wenn sich die US-Regierung bislang weitgehend zurückhält, muss der Besuch Pelosis aber auch in einem aktuellen politischen Kontext gesehen werden.

SWR Aktuell: Inwiefern?

Sirakov: Zum einen ist die Administration Joe Bidens 2021 auch mit dem Standpunkt ins Amt gekommen, dass es ein zunehmendes Gegeneinander von Autokratien und Demokratien gibt. Und dass es einer Allianz der Demokratien bedürfe, um den Bedrohungen durch autokratische Systeme zu begegnen. Dabei hatte Biden explizit auch an China gedacht. Taiwan als Demokratie gehört, in dieser Logik zumindest, an die Seite der Vereinigten Staaten und muss gegen die Attacken aus China geschützt werden. Zum anderen, und damit auch zusammenhängend, sind die Erfahrungen mit Russland in den vergangenen Monaten sicherlich auch ein Motiv für Pelosis Besuch. Die Vorstellung Moskaus, die eigene Einflusssphäre auch und gerade militärisch zu sichern, wurde von manchem Beobachter ja auch als mögliches Vorbild für Peking gesehen - mit Blick auf Taiwan. Pelosis Besuch macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass die USA gewillt sind, Taiwan gegen einen militärischen Angriff Chinas zu verteidigen.

"Eine militärische Eskalation, das wissen sicher beide Seiten, ist keine Option."

SWR Aktuell: Welche Auswirkungen könnte das Machtspiel Chinas haben?

Sirakov: Die bereits im Vorfeld des Besuches aufgetretenen Spannungen werden sicherlich weiter zunehmen. Man kann davon ausgehen, dass es insbesondere nach diesem Besuch zu weiteren Manövern des chinesischen Militärs in der Taiwanstraße kommen wird. Interessant wird sein, ob der Besuch und die neuerlichen Spannungen zwischen den USA und China gegebenenfalls negative Auswirkungen auch auf die Bemühungen der beiden Administrationen haben werden, in der asiatisch-pazifischen Region noch stärker Fuß zu fassen. Sicherlich auch, um einem solchen negativen Effekt entgegenzuwirken, besucht Nancy Pelosi ja auch Südkorea und Japan. Die engsten Verbündeten Washingtons in Südostasien.

SWR Aktuell: Könnte auch Deutschland Auswirkungen dieser Spannungen zwischen den USA und China zu spüren bekommen?

Sirakov: Ich gehe nicht davon aus, dass die wieder neu aufgetretenen Spannungen direkte Auswirkungen auf Deutschland haben werden. Allerdings zeigt dieser Besuch, wie ernst es den USA ist, China sicherheitspolitisch in die Schranken zu weisen. In diesem Bereich zeigt Europa eine, von den USA übrigens scharf kritisierte, andere Position. Die Frage wird zukünftig sicher sein, ob die Europäische Union und damit auch Deutschland, auch in Anbetracht der Erfahrungen mit Russland, weiter den Kurs einer Trennung zwischen Politik und Wirtschaft gegenüber China fahren kann. Oder ob es grundsätzlich problematisch ist, mit einer autoritären Diktatur so enge Wirtschaftsbeziehungen zu unterhalten und sich damit auch in empfindliche Abhängigkeiten zu begeben.

SWR Aktuell: Was wäre aus Ihrer Sicht jetzt wichtig?

Sirakov: Im Kern ist das Wichtigste ein offener und ehrlicher Dialog zwischen den USA und China. Hier geht es auch darum, die eigenen Positionen klar zu machen und Meinungsverschiedenheiten eben auch mal auszuhalten. Eine militärische Eskalation, das wissen sicher beide Seiten, ist keine Option. Ich denke, dass wir weiterhin in einem gewissen Status Quo des Auf und Abs der Beziehungen zwischen Washington und Peking verharren werden.