Es geht um Geldbußen der Gerichte und vor allem um Geldauflagen der Staatsanwaltschaften, die Beschuldigte in bestimmten Fällen zahlen müssen, wenn ein Verfahren eingestellt wird. Wie das rheinland-pfälzische Justizministerium dem SWR bestätigt, kommen die Zahlungen entweder der Staatskasse oder gemeinnützigen Einrichtungen wie Fördervereinen oder Tierheimen zugute. Welche Einrichtungen das Geld bekämen, entschieden Richter und Staatsanwälte selbst, heißt es vom Ministerium.
Empfehlung für Flutkonten abgegeben
Wie der Koblenzer Generalstaatsanwalt Jürgen Brauer dem SWR mitteilte, empfahl er nach der Flutkatastrophe im Juli vergangenen Jahres seinen Staatsanwaltschaften im Norden von Rheinland-Pfalz, Geldauflagen nicht der Staatskasse, sondern dem Spendenkonto des Landes zuzuweisen. Dabei kam nach SWR-Recherchen im Jahr 2021 eine Summe von rund 580.000 Euro zustande.
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Der Generalstaatsanwalt in Zweibrücken, Martin Graßhoff, teilte dem SWR mit, er habe den Staatsanwaltschaften im Süden des Landes ebenfalls schriftlich empfohlen, Geldauflagen dem Hochwasser-Spendenkonto des Landes zuzuweisen. Dabei kamen nach Mitteilung von Graßhoff rund 45.000 Euro zusammen. Die beiden Generalstaatsanwälte sagen, ihre Anregung habe sich auf das Jahr 2021 bezogen. Für dieses Jahr gebe es keine Empfehlung.
Gerichte verhalten sich zurückhaltender
Für die Gerichte in Rheinland-Pfalz gab es 2021 kein vergleichbares offizielles Schreiben, in dem empfohlen wurde, dass Geldbußen den Opfern der Flutkatastrophe zu Gute kommen sollen. Das haben die Präsidenten der Oberlandesgerichte Koblenz und Zweibrücken dem SWR mitgeteilt.
Sie begründen das mit der richterlichen Unabhängigkeit. Bedeutet: Richter entscheiden unabhängig, an wen ein Angeklagter eine Geldbuße zahlen muss. Ein Empfehlungsschreiben zur Verwendung der Geldbußen könnte als Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gedeutet werden. Und dieser Eindruck solle vermieden werden, heißt es von den beiden OLG-Präsidenten.
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Verschiedene Hilfskonten berücksichtigt
Ungeachtet dessen haben auch einzelne Gerichte der Hochwasser-Hilfe Geldbußen zukommen lassen. Nach SWR-Recherchen haben die Gerichte in Rheinland-Pfalz dem Hochwasser-Spendenkonto des Landes im vergangenen Jahr rund 32.000 Euro zugewiesen.
Darüber hinaus wurden rund 69.000 Euro anderen Spendenkonten für Hochwasseropfer zugewiesen - beispielsweise Spendenkonten von Kreisverwaltungen. Die Zahl der Geldbußen und Geldauflagen von Staatsanwaltschaften und Gerichten in Rheinland-Pfalz lag laut Justizblatt im vergangenen Jahr bei insgesamt rund 7,4 Millionen Euro.