Laut Spahns Gesetzentwurf soll es Patienten generell möglich sein, sich erstmalig krankschreiben zu lassen, ohne die Arztpraxis aufzusuchen. Auch eine einmalige Verlängerung will der Gesundheitsminister ermöglichen. Voraussetzung: Der Arzt muss den Patienten kennen.
Das ist auch für Dr. Barbara Römer aus Saulheim ein Muss. Die Erste Vorsitzende des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz sagte im SWR: "Wir schätzen, dass wir unsere Patienten kennen. Und wir können auch die Symptome, die sie uns schildern, gut einordnen." Man kenne das Krankheitsbild und auch das soziale Umfeld. Das sei bei einem Kollegen, der den Erkrankten zum ersten Mal sieht, nicht möglich.
Simulanten lassen sich auch per Video entlarven
Natürlich ersetze die Videosprechstunde nicht den persönlichen Praxisbesuch, bei dem sie den Patienten oder die Patientin "mit allen Sinnen" erfassen könnten. Trotzdem würden Simulanten aber auch per Ferndiagnose "auffliegen": "Da kann ich mich genauso wie in der Praxis in der Videostunde mit ihm auseinandersetzen und herausfinden, ob das alles zusammenpasst."
Kritisch sieht es Hausärztin Römer dagegen, wenn es möglich wäre, dass Patienten einen beliebigen Arzt anrufen, um sich krankschreiben zu lassen: "Wir Hausärztinnen und Hausärzte sind Befürworter und nutzen das als Bestandteil unserer Praxen." Der "Goldstandard" sei aber nach wie vor die persönliche Begegnung von Arzt und Patient.
Oft geht es nicht ohne persönliche Untersuchung
So ließen sich bestimmte Diagnosen nicht in einem Videotelefonat stellen. Wenn jemand beispielsweise sage, er habe Ohrenschmerzen und vermute eine Mittelohrentzündung, dann sei es notwendig, dass er oder sie persönlich in der Praxis vorbeikommt. "Das ist unsere Verantwortung, eine Therapie adäquat zur Diagnose einzuleiten und nicht zu sagen, ich stelle jetzt ein Rezept für ein Antibiotikum aus - wird schon irgendwie passen."
Die Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Hausärzteverbandes appelliert deshalb an ihre Kolleginnen und Kollegen: "Nehmt die Videosprechstunde in euer Portfolio mit rein. Das ist niemals ein Ersatz, aber es ist eine sinnvolle Ergänzung. Und wir als Ärzte entscheiden gemeinsam mit unseren Patienten: Ist das eine sinnvolle Option, oder besteht die Notwendigkeit, dass derjenige in die Praxis kommen muss?"