Ob ein Verkauf an den russischen Milliardär und Nürburgring-Besitzer Viktor Charitonin die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden würde - das prüft derzeit das zuständige Bundeswirtschaftsministerium, Ausgang offen. Das Land Hessen ist strikt gegen einen Verkauf an einen russischen Investor. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich noch nicht positioniert.
Verantwortung für Hahn unklar
Innenminister Michael Ebling (SPD) hat zwar immer wieder betont, dass ihm der Schutz der kritischen Infrastruktur wichtig sei. Wer allerdings in der Landesregierung nachfragt, stößt auf ein Verschieben der Verantwortung und Misstöne. Ein Sprecher des Innenministeriums teilte dem SWR mit, der Hahn falle beim Thema kritische Infrastruktur nicht in die Ressortverantwortung des Innenministeriums.
Tatsächlich hat das rheinland-pfälzische Verkehrsministerium den Hahn in den vergangenen Jahren zwei Mal als kritische Infrastruktur eingestuft. Das erste Mal 2020 während der Corona-Pandemie mit dem Ziel, den Flughafen offen halten zu können. Das zweite Mal im vergangenen Jahr, als es um eine mögliche Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ging. Sollte beispielsweise der Strom knapp werden, soll der Flughafen vorrangig versorgt werden.
Hunsrück-Flughafen vor Verkauf Ein russischer Oligarch auf dem Hahn - was das für den Flughafen bedeuten könnte
Der russische Milliardär Viktor Charitonin will den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn kaufen. Ist das realistisch - und wenn ja: Was würde das für den Airport bedeuten?
Das Innenministerium bleibt bei seinem Standpunkt, auch wenn es aktuell um Fragen der inneren Sicherheit geht. Schließlich wickelt auch das US-Militär seit Jahren Flüge über den Hahn ab. Für den Militärexperten Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel ist es keine Frage. Aus seiner Sicht ist der Flughafen Hahn gleich unter zwei Aspekten kritische Infrastruktur: "Zum einen als Ausweichflughafen für das amerikanische Militär in Notfällen. Das haben wir in den letzten Jahren immer wieder gesehen. Und gerade jetzt im Ukraine-Krieg müssen die Amerikaner auch immer wieder auf diesen Flughafen zurückgreifen können."
Mögliche Spionage bei Verkauf an Russen
Krause geht im SWR-Interview davon aus, dass bei einem Verkauf an einen Russen der russische Geheimdienst die Amerikaner auf dem Hahn ausspionieren könnte: "Gerade vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges müssen wir bei den Russen im Augenblick mit allem rechnen."
Die Antwort des rheinland-pfälzischen Innenministeriums zur Frage der militärischen Bedeutung überrascht. Denn: Das Ministerium hat nach eigener Aussage nicht geprüft, ob die Nutzung des Flughafens Hahn durch das US-Militär den Status der kritischen Infrastruktur rechtfertigen könnte. Es habe keinen Kontakt mit den Hahn-Betreibern gegeben, um ein Schutzkonzept zu erarbeiten, so das Innenministerium auf eine Anfrage des SWR.
Opposition: "Flughafen ist sicherheitsrelevant"
Hört man sich in Regierungskreisen um, stößt man auf Kopfschütteln. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Innenministerium sich beim Hahn so ziere und alles auf das Verkehrsministerium schiebe. Dort gebe es nicht ansatzweise so viel Sachverstand beim Thema innere Sicherheit und Gefahrenabwehr wie im Innenministerium. Außerdem fehle das entsprechende Personal.
Oppositionspolitiker im rheinland-pfälzischen Landtag fordern die Landesregierung auf, den Hahn als kritische Infrastruktur einzustufen. Der Flughafen sei sicherheitsrelevant, unter anderem weil das US-Militär seit Jahren Soldaten und Zivilbeschäftigte über den Hahn verlege.
CDU: Flughafen Hahn wie "heiße Kartoffel"
Der CDU-Abgeordnete Helmut Martin sagte dem SWR: "Die Landesregierung muss endlich mit ihrem Zuständigkeits-Ping-Pong aufhören." Der Flughafen Hahn sei die berühmte heiße Kartoffel, an der sich weder Innenminister Ebling noch Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) oder irgendjemand anderes aus der rheinland-pfälzischen Landesregierung die Finger verbrennen wolle. Der Flughafen sei kritische Infrastruktur und dürfe nicht an einen russischen Oligarchen verkauft werden, so Helmut Martin.
Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Joachim Streit sagte zu den SWR-Recherchen: "Ich bin bass erstaunt, dass Innenminister Ebling nicht die Wichtigkeit des Flughafens Hahn für die Amerikaner und damit die deutsche Landesverteidigung im Zusammenhang mit der NATO erkennt." Der Hahn dürfe als kritische Infrastruktur nicht den Kräften der Geldwirtschaft überlassen werden. Hier sei der Staat gefordert, so Streit.