Kunstrasen auf Fußballplätzen gelten als das Nonplusultra: Der Platz ist das ganze Jahr bespielbar. Es gibt keine Unebenheiten, wie bei Naturrasenplätzen oder Sandplätzen. Und wenn ein Spieler oder eine Spielerin stürzt, gibt es keine fiesen Schürfwunden wie etwa auf Hartplätzen.
Doch unbedenklich sind die Kunstrasenplätze keineswegs. Das Füllgranulat gilt als einer der Hauptverursacher von gefährlichem Mikroplastik in der Umwelt. Es gelangt durch Abrieb, wenn der Platz bespielt wird, in die Umwelt. Studien belegen, dass Nano- und Mikroplastik-Partikel Entzündungen auslösen können. Sie gelten zudem als krebserregend.
Der FV Neuburg in der Pfalz hat 35 Jahre lang auf einem Hartplatz gespielt. 2023 hat der Verein einen Kunstrasenplatz angelegt, just zu dem Zeitpunkt als die neue EU-Verordnung in Kraft trat. Die EU-Verordnung soll die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik verhindern. Kunstrasen sind zwar nicht ganz verboten, aber das Granulat, das bisher in den Matten verwendet wurde, schon. Ab 2031 darf kein Kunstrasen mehr mit Mikroplastik-Granulat verkauft werden. Vereine mit umweltschädlichem Kunstrasen sind aber durch die EU-Verordnung nicht gezwungen, ihre Plätze ökologisch umzurüsten. Es gilt ein Bestandsschutz.
Der FV Neuburg hat sich für einen ökologischen Kunstrasen entschieden. Das Granulatmaterial wird nach Angaben des Herstellers nicht aus Gummi, sondern aus dem holzigen Teil der Maispflanze hergestellt. Und die Kunststoff-Grashalme bestünden zu 40 Prozent aus recyceltem Plastik.
FV Neuburg ist stolz auf seine Investition
700.000 Euro hat der Kunstrasenplatz gekostet. Der FV Neuburg sieht sich als Pionier, was ökologischen Kunstrasen angeht. Etliche Profivereine wie der VfL Wolfsburg oder der 1. FC Köln seien schon in Neuburg gewesen, um sich über den Öko-Kunstrasen zu informieren. "Der Planet schreit ja an allen Ecken und Enden von Überforderung", begründet Neuburgs Vereinsvorstand Fabian Schwarz die Entscheidung. "Und wenn man dann die Möglichkeit hat, in eine richtig nachhaltige Richtung abzubiegen, und es keine nennenswerten Nachteile gibt, warum soll man es dann nicht tun."
Wie lange so ein Kunstrasenplatz mit Maisfüllung hält, dazu gibt es noch keine Erfahrungen. "Es gibt noch kein solches Spielfeld, das 20 Jahre alt ist. Aber es gibt Stresstests und die haben gezeigt: gleichwertig zu herkömmlichem Kunstrasen", sagt Schwarz.
Fußballvereine in RLP rüsten Kunstrasenplätze langsam um
Wie viele der 450 Kunstrasenplätze in Rheinland-Pfalz inzwischen ökologisch saniert sind, ist schwer zu sagen, da die Daten nicht bei den Verbänden gesammelt werden. Der Südwestdeutsche Fußballverband, zu dem Vereine in der Pfalz und Rheinhessen gehören, schätzt, dass etwa 10 Prozent der Kunstrasenplätze Naturgranulat haben. Der SV Rodenbach bei Kaiserslautern beispielsweise hat einen Kunstrasen, der mit Sand gefüllt ist. Der Kunstrasen der TuS Wachenheim basiert auf Maispflanzen-Infill.
BUND hält "Öko"-Kunstrasen für Scheinlösung
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) lehnt Kunstrasen generell ab, auch wenn sie mit einer Naturstoff-Füllung angelegt werden. "Kunstrasenplätze bleiben Scheinlösungen und die Kommunen sollten sich dafür einsetzen, gute Naturrasenplätze zu bauen und abwechselnd zu nutzen und zu pflegen", meint Janine Korduan, Referentin für Kreislaufwirtschaft beim BUND.
Auch der Kunstrasenplatz mit Mais, Sand oder anderer Füllung werde Mikro- und Nanoplastik freisetzen, argumentiert sie. "Zudem gibt es keine Abfälle in der Landwirtschaft. Für die Bodenfruchtbarkeit ist es essentiell, dass Reststoffe zurück auf die Felder kommen und nicht als Füllung in Kunstrasen." Das Argument, dass Naturrasen viel bewässert werden muss, hält Korduan nicht für stichhaltig. "Kunstrasen braucht ebenso Wasser, sonst drohen Verbrennungen."
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert vor allem die lange Übergangszeit und fordert ein schnelleres Umdenken. Denn bereits bestehende Kunstrasenplätze und Restbestände von Plastikgranulat dürfen weiter genutzt werden.
Es gibt auch Sportvereine, die Naturrasenplätze bevorzugen. Die Abteilung Rugby beim Heidelberger TV hatte sich aus sportlichen und ökologischen Gründen gegen einen Kunstrasenplatz mit Naturstofffüllung ausgesprochen.