In Boden- und Wasserproben können PFAS-Chemikalien nachgewiesen werden (Symbolbild (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Belastungen, Gefahren, Maßnahmen

FAQ: "Ewige Chemikalien" PFAS in Rheinland-Pfalz

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Andrea Lohmann
Andrea Lohmann, Online-Redakteurin bei SWR Rheinland-Pfalz Aktuell (Foto: SWR, Anna Zieba)

PFAS könnte man als echtes Teufelszeug beschreiben: mit genialen Eigenschaften, zugleich mit erheblichen Gesundheitsgefahren. Was sind PFAS genau, wo wurden sie in RLP nachgewiesen und wie krank können sie machen?

Was sind PFAS?

Hinter PFAS verbergen sich rund 10.000 verschiedene, künstlich hergestellte Stoffe die zu einer Produktgruppe gehören. PFAS steht für per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen. Zum Teil werden auch die Abkürzungen PFC oder PFT für diese Chemikalie benutzt. Es gibt keine PFAS mit natürlichem Ursprung.

In welchen Produkten sind PFAS-Chemikalien enthalten?

PFAS haben tolle Eigenschaften: Sie sind schmutz-, fett- und wasserabweisend. Stoffe perlen also von anderen Materialen ab, wenn es eine PFAS-Beschichtung gibt. Deshalb gibt es eine lange Liste mit großen und kleinen Produkten, für die sie verwendet werden. Einige Beispiele:

  • Teflonpfannen
  • Regenbekleidung
  • Zahnseide
  • Kaffeebecher
  • Burgerpapier
  • Windräder
  • Flugzeuge

Allerdings haben PFAS nicht nur geniale Eigenschaften, sondern auch gravierende Nebenwirkungen.

Wo gibt es in Rheinland-Pfalz Belastungen mit PFAS?

Unter allen Orten in Deutschland, die mit PFAS belastet sind, gibt es so genannte Hotspots. Hier ist die Belastung mit der Chemikalie so hoch, dass von erheblichen Gefahren für die menschliche Gesundheit ausgegangen werden muss. Die größten Belastungen finden sich in Rheinland-Pfalz rund um die Flugplätze der US Air Force:

  • US-Flugplatz Ramstein
  • US-Flugplatz Spangdahlem
  • Ehemaliger Flugplatz Bitburg

Belastet sind häufig auch Deponien und Verarbeitungsbetriebe. Im Grundwasser finden sich die Stoffe entlang des Rheingrabens ebenfalls, allerdings in minimalen Spuren.

Wie gelangen die Chemikalien in die Umwelt?

In der Regel passiert das bei der Herstellung (über Verarbeitungsbetriebe) oder der Entsorgung (über Deponien) in die Umwelt. Die besondere Häufung in Rheinland-Pfalz an den Flugplätzen hängt mit der Verwendung von PFAS in Löschschaum in hohen Konzentrationen zusammen. Auch an anderen Orten in Deutschland ist es immer wieder zu starker Verunreinigung nach dem Einsatz von Löschschaum bei Bränden gekommen, zum Beispiel nach einem Brand am Flughafen Düsseldorf. In Baden-Württemberg gibt es rund um Rastatt ein großes Gebiet mit Ackerflächen, das mit PFAS verseucht ist. Hier soll Kompost, der mit Papierschlämmen aus der Industrie versetzt wurde, die Ursache sein.

Warum sind PFAS schädlich für den Menschen?

PFAS stehen im Verdacht, eine große Gefahr für die Gesundheit des Menschen zu sein. Die Europäische Umweltagentur listet mehrere Gefahren auf, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von PFAS ausgehen:

  • Nierenkrebs
  • Leberschäden
  • Hodenkrebs
  • Schwächung des Immunsystems
  • erhöhter Cholesterinspiegel
  • Schilddrüsenerkrankungen

Weitere Risiken stehen im Raum, darunter zum Beispiel eine erhöhte Diabetes-Typ II-Gefahr oder Auswirkungen auf die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Es ist nicht bekannt, ob alle 10.000 Stoffe der gesamten Produktgruppe gefährlich für die Gesundheit des Menschen sind. Für einige wurde das bereits nachgewiesen und diese wurden dann auch schon verboten. Doch valide Studien zu allen 10.000 PFAS-Varianten zu machen, wäre eine Aufgabe für die Ewigkeit.

Auf welchem Weg gelangen PFAS in den menschlichen Körper?

Die PFAS gelangen ins Grundwasser und in die Böden. Kläranlagen zum Beispiel sind nicht in der Lage, die Stoffe herauszufiltern. Damit sind sie in die Nahrungskette eingeschleust. Tiere und Pflanzen nehmen die Chemikalien auf. Am Ende steht der Mensch, der sich wiederum über seine Lebensmittel die PFAS in den Körper holt.

Wie belastet sind wir Menschen mit PFAS?

Das Umweltbundesamt stellte 2020 in einer Analyse fest: "Belastung des Menschen sinkt für wichtige PFAS - ist aber immer noch beachtlich." Die Daten von Blutanalysen zeigten, dass seit 1986 die Belastung der Menschen mit zwei Einzelstoffen aus der PFAS-Gruppe um 70 beziehungsweise um mehr als 90 Prozent gesunken ist.

Die gesunkene Konzentration im Blut weise darauf hin, dass diese PFAS seltener verwendet werden. Aber: Häufig werden sie durch neue PFAS-Varianten ersetzt, über deren Wirkungen im Körper man noch nichts weiß. Zudem gibt es PFAS, die noch gar nicht nachweisbar sind, sich aber möglicherweise im Blut befinden.

Entwarnung mit Blick auf die Belastung der Menschen gibt das Umweltbundesamt aber auch deshalb nicht, weil es in einer Studie unter Kindern und Jugendlichen herausgefunden hat, dass sie alle PFAS im Blut haben. Und ein Fünftel der Minderjährigen trägt die Chemikalien in so hoher Konzentration in sich, dass kritische Werte überschritten werden. Beobachtet wurde in der Studie eine repräsentative Stichprobe der 3- bis 17-Jährigen.

Was wird getan, um die Menschen zu schützen?

Für einige Stoffe aus der PFAS-Gruppe hat es bereits Verbote gegeben. Allerdings ist es eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, für alle 10.000 Produkte herauszufinden, ob sie gesundheitsschädlich sind. Zumal auch immer wieder neue Varianten entwickelt werden, die dann auch wieder geprüft werden müssten. Deshalb hat Deutschland zusammen mit vier weiteren Ländern auf europäischer Ebene eine Initiative gestartet, damit die komplette Produktklasse verboten wird. Die Idee ist, keine wertvolle Zeit zu verschwenden, bis man Klarheit zu jedem einzelnen Stoff hat, sondern aus Vorsorgegründen alle zu verbieten und die Menschen zu schützen. Damit ist nun ein Prüfverfahren bei der Chemikalienprüfbehörde der EU in Gang gesetzt worden, das einige Monate dauern wird.

Gibt es Alternativen für die PFAS?

Ja, in vielen Bereichen gibt es Alternativen, die auch gleichwertig sind. Das gilt vor allem für die Verwendung von Produkten aus dem Alltags- und Konsumbereich wie eben die Teflonpfannen. Und weil es Alternativen gibt, wünschen sich die Antragsteller für ein Verbot auch, dass ein solches - sofern es kommt - möglichst schnell greift. Allerdings dauert das Prüfverfahren und der sich dann möglicherweise anschließende politische Prozess für ein Verbot sicherlich viele Monate. Keine adäquaten Alternativen gibt es hingegen zum Beispiel bei Medizinprodukten. Sollte es also zu einem Verbot der Stoffe kommen, ist damit zu rechnen, dass in diesem Bereich viel längere Übergangsfristen gelten werden als bei Konsumprodukten.

Können verseuchte Böden und Gewässer von PFAS gereinigt werden?

Mit PFAS kontaminierte Böden und Grundwasser zu sanieren ist aufgrund der Stabilität der Stoffe sehr aufwändig. Viele Verfahren, die für andere Schadstoffe angewendet werden, funktionieren nach Angaben des Umweltbundesamtes bei PFAS nicht.

Eine vollständige Entfernung der PFAS aus Böden ist nach aktuellem Kenntnisstand nur durch eine Hochtemperaturbehandlung möglich. Damit verliert der Boden jedoch seine biologische Funktion und kann nur noch als Füllmaterial verwendet werden. Im Trinkwasser lassen sich PFAS durch bestimmte Verfahrensstufen entfernen, die jedoch nur in vereinzelten Wasserwerken eingesetzt werden.

Eine Sanierung von mit PFAS verseuchten Böden und verschmutztem Trinkwasser ist exorbitant teuer. In Mittelbaden, wo etwa 170 Millionen Kubikmeter Grundwasser mit PFAS verseucht sind, kostet es die Stadtwerke Rastatt und am Ende die Kunden Millionen, um die Schadstoffe herauszufiltern. Auch in Bitburg geht es derzeit um die Sanierung des verseuchten ehemaligen Flughafengeländes. Denn bevor der neue Eigentümer hier ein Logistikzentrum bauen kann, muss die verseuchte Erde abgetragen werden. Diese soll dann in ehemaligen Bunkern gelagert werden.

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