Eine Kundin trägt in einem Geschäft eine FFP2-Maske. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Swen Pförtner)

Viele Corona-Maßnahmen werden aufgehoben

Gemischte Stimmung in RLP vor dem Ende der Maskenpflicht im Einzelhandel

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Christian Papadopoulos

Am 2. April laufen nach einer bundesgesetzlich möglichen Übergangszeit auch in Rheinland-Pfalz viele Corona-Maßnahmen aus. Im Einzelhandel muss dann keine Maske mehr getragen werden. Parteien, Verbände und Virologen sehen die neue Freiheit höchst unterschiedlich.

Bis 2. April gilt: Überall dort, wo der Impf-, Test- oder Genesenenstatus kontrolliert wird, muss keine Maske getragen werden. Im Einzelhandel und in öffentlichen Bereichen, in denen nicht kontrolliert wird, gilt die Maskenpflicht zunächst weiter.

Nach dem 2. April aber liegt es in der Verantwortung der Verbraucherinnen und Verbraucher, sich selbst zu schützen, wenn sie weiterhin angesichts der hohen Infektionszahlen Angst vor einer Corona-Infektion haben.

Einzelhandel begrüßt Abschaffung der Maskenpflicht

Der Handelsverband Rheinland-Pfalz fordert seit längerem die Abschaffung der Maskenpflicht. Denn das Ende von 2G allein habe nicht den gewünschten Kundenansturm gebracht, sagte Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz.

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Die Bilanz des rheinland-pfälzischen Einzelhandels zu Beginn des Jahres ist nach Scherers Angaben durchwachsen. Die Händler hätten auf einen stärkeren Start in den Monaten Januar und Februar gehofft. Wie gut der Handel durch dieses Jahr kommen werde, hänge sehr davon ab, was in den nächsten Wochen und Monaten geschehe.

Die von der Politik vorgenommenen weiteren Lockerungsschritte weckten auch im Einzelhandel große Erwartungen, erklärte Scherer: "Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr - so als Zwischenjahr zur Normalität - immer einen Schritt weiter nach vorne und wieder in Richtung eines normalen Einkaufserlebnisses kommen werden."

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Gewerkschaft ver.di fordert Schutz der Beschäftigten

Die Gewerkschaft ver.di hält von einer Aufhebung der Maskenpflicht nichts. Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, es gehe nicht nur um Umsatz, sondern darum, wie man Kunden und Beschäftigte am besten schütze. Viele Mitarbeitende würden sich große Sorgen machen. "Sie haben jetzt zwei Jahre lang in der Pandemie den Laden buchstäblich am Laufen gehalten und haben das Recht geschützt zu werden und gut und gesund duch die Pandemie zu kommen", mahnte Nutzenberger.

Virologe Bodo Plachter sieht Ende der Maskenpflicht skeptisch

Nach Ansicht des Virologen Bodo Plachter von der Mainzer Universitäts-Medizin schützt die Maske nachgewiesenerweise am besten vor einer Corona-Infektion. Er sieht die Aufhebung der Maskenpflicht im Einzelhandel daher sehr skeptisch - vor allem vor dem Hintergrund der hohen Infektionszahlen. Zudem müssten die Krankenhäuser entlastet werden, da es durch Corona-Erkrankungen und den damit verbundenen Quarantänezeiten zu Ausfällen beim Personal gekommen sei. Verantwortlich hierfür sei vor allem die Omikron-Mutante BA2, sagte Plachter.

Er empfiehlt Kundinnen und Kunden auf jeden Fall, beim Einkauf freiwillig weiter Maske zu tragen. Dass Inhaber kleiner Geschäfte oder die großen Supermärkte von sich aus weiter auf Maskentragen und Abstandsregelungen bestehen werden, bezweifelt Plachter. Sie könnten befürchten, dass in diesem Fall Kundschaft wegbleiben und in andere Geschäfte ausweichen könnte, in denen es keine Beschränkungen gibt.

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Auch der Frankfurter Virologe Martin Stürmer hält die Corona-Lockerungen für verfrüht. Er sagte dem SWR, jeder und jede könne aber zu einem "entspannten Frühjahr" beitragen, wenn er oder sie sich weiter an bestimmte Maßnahmen halte, auch wenn sie nicht mehr vorgeschrieben seien. Hierzu gehörten auch das Tragen von Masken und das Abstandhalten.

Chefarzt aus Trier: Lockerungen kaum möglich

Der Trierer Chefarzt und Intensivmediziner Tim Piepho vom Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Trier hatte schon zuvor im SWR-Interview den jetzt beschlossenen Lockerungen eine Absage erteilt. Sie kämen zu früh. Auch er sieht die Problematik weniger in den fehlenden Kapazitäten der Intensivstationen als vor allem in den vielen Corona-bedingten Ausfällen beim Klinikpersonal.

"Unser größtes Problem sind momentan die vielen infizierten Personen aus dem Bereich des pflegerischen und des ärztlichen Dienstes. Wir sind nicht immer in der Lage, unser Programm so durchzuführen, wie wir das gerne möchten. Es sind sicherlich zwischen 100 und 150 Leute, die alleine hier bei uns im Krankenhaus nicht da sind, weil sie infiziert sind."

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SPD und Grüne mit unterschiedlichen Akzenten

Die SPD in Rheinland-Pfalz sieht derzeit noch kein Ende der Pandemie. Deshalb sei es wichtig, sich und andere auch weiterhin zu schützen - zum Beispiel, indem freiwillig Maske getragen werde, wenn viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen - wie dies im Einzelhandel der Fall sei. Das müsse jetzt aber auch jede und jeder eigenverantwortlich entscheiden, hieß es auf SWR-Anfrage. Zudem begrüßte die SPD, dass weiterhin dort Masken getragen werden müssten, wo es um den Schutz vulnerabler Gruppen geht - etwa in Krankenhäusern und Pflegeheimen.

Der Koalitionspartner Grüne ist mit der Neuregelung nicht einverstanden. Der Landesvorsitzende Josef Winkler sagte dem SWR auf Anfrage: "Angesichts der Lage hätten wir uns bei der Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine stärkere Balance zwischen Öffnungsperspektiven einerseits und gleichzeitig einem umfangreicheren Basisschutz und die Beibehaltung von deutlich mehr Maßnahmen gewünscht. Aus unserer Sicht sollte Politik nicht nur reagieren, sondern vorausschauend auf die Entwicklung der Infektionslage ausgerichtet sein. Dringend erforderlich wäre es insbesondere gewesen, an der Maskenpflicht in Innenräumen als Basisschutzmaßnahme festzuhalten."

"Angesichts der Lage hätten wir uns bei der Änderung des Infektionsschutzgesetzes eine stärkere Balance zwischen Öffnungsperspektiven einerseits und gleichzeitig einem umfangreicheren Basisschutz und die Beibehaltung von deutlich mehr Maßnahmen gewünscht."

Die Bundestagsfraktion habe dem Gesetzentwurf nur zugestimmt, da anderenfalls ab dem 20. März ausnahmslos alle Maßnahmen weggefallen wären. Die Länder hätten dann überhaupt keine vorbeugende Handhabe mehr gehabt, um das Infektionsgeschehen abzubremsen und die Bevölkerung zu schützen. Die ebenfalls mit regierende FDP äußerte sich bislang nicht.

Freie Wähler und AfD setzen auf Freiwilligkeit

Auch die oppositionellen Freien Wähler plädieren auf SWR-Anfrage für ein freiweilliges Tragen der Masken im Einzelhandel. Fraktionsgeschäftsführer Christian Altmaier verwies dabei auf den Untersuchungsausschuss zur Flut-Katastrophe im Ahrtal. Dort müsse man bei Sitzungen bis zu 16 Stunden am Stück Maske tragen und dürfe sie nur beim Reden absetzen.

Das habe sich als ein sehr wirksamer Schutz erwiesen. Dennoch könne er nachvollziehen, dass der Gesetzgeber nach einer so langen Zeit der Pandemie auf eine gesetzliche Pflicht zum Maskentragen im Einzelhandel verzichtet. Die Menschen wollten jetzt wieder mehr Freiheiten haben, sagte Altmaier.

Von der größten Oppositionsfraktion im Landtag, der CDU, gab es bislang keine Stellungnahme. Die AfD begrüßte das Ende der Maskenpflicht im Einzelhandel. Der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Jan Bollinger, sagte, dieser Schritt sei überfällig. Es sei an der Zeit, den Schutz vor einer etwaigen Infektion wieder weitgehend in die Eigenverantwortung der Menschen zu legen. "Wenn nicht jetzt - wann dann", fragte Bollinger.

Die AfD hatte bereits in der Vergangenheit gefordert, fast alle Corona-Maßnahmen abzuschaffen, weil die Einschränkungen aus ihrer Sicht unverhältnismäßig sind.

Verbraucherschützer halten Maskenpflicht für unentbehrlich

Etwas anders als die Freien Wähler und die AfD sehen es Verbraucherschützer. Sabine Strüder von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz sagt: "Wir halten die Maskenpflicht für eine derzeit noch unverzichtbare Basisschutzmaßnahme, die gerade bei FFP2-Masken sowohl dem Eigen- als auch dem Fremdschutz dient. Insbesondere bei nach wie vor sehr hohen Infektionszahlen halten wir die Fortsetzung der Maskenpflicht in Innenräumen für ein wichtiges effektives und dennoch relativ mildes Instrument mit hoher Schutzwirkung, das zumindest so lange beibehalten werden sollte, bis die Infektionszahlen deutlich gefallen sind."

"Wir halten die Maskenpflicht für eine derzeit noch unverzichtbare Basisschutzmaßnahme, die gerade bei FFP2-Masken sowohl dem Eigen- als auch dem Fremdschutz dient."

Man sehe es im Nachbarland Österreich: Dort habe man trotz hoher Infektionszahlen am 6. März die Maskenpflicht in Innenräumen weitgehend aufgehoben, jetzt solle sie wieder eingeführt werden, so Strüder.

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