Eine Person wird in einem Sportkomplex mit einem Impfstoff gegen das Coronavirus geimpft.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, SWR, picture alliance/dpa/XinHua | Rouelle Umali, Montage: SWR)

Corona in Rheinland-Pfalz

Warum steigt die Zahl der geimpften Covid-Patienten im Krankenhaus?

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AUTOR/IN
Anna-Lara Weidinger
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"Es landen genauso viele Geimpfte im Krankenhaus wie Ungeimpfte" - diese Aussage geistert seit dem dramatischen Infektionsgeschehen durch Rheinland-Pfalz und Deutschland. Wir erklären in einem Faktencheck, warum diese Aussage falsch ist.

Werden die Impfstoffe uns wirklich effektiv vor dem Virus schützen? Diese Frage mit dem Argument zu beantworten, es würden auch immer mehr geimpfte Menschen erkranken und sogar ins Krankenhaus eingewiesen werden, greift zu kurz und lässt eine wichtige Variable außer Acht: Die Gruppe vollständig geimpfter Menschen ist mit deutschlandweit fast 70 Prozent Ende November deutlich größer als die Gruppe ungeimpfter Menschen - und sie wächst. Deshalb ist es nicht sinnvoll, den Anteil geimpfter und ungeimpfter Menschen, die hospitalisiert sind, zu vergleichen. Stattdessen muss der Anteil geimpfter, hospitalisierter Menschen gemessen an der Gesamtzahl Geimpfter berücksichtigt werden.

Es ist logisch, dass der Anteil an den hospitalisierten Geimpften steigt, wenn immer mehr Menschen geimpft werden - und deshalb wird dennoch die absolute Anzahl an Hospitalisierungen mit den Impfungen gleichzeitig sinken. Denn durch die klinisch nachgewiesene Wirkung der Impfungen steht fest: Sowohl die Gefahr, sich überhaupt zu infizieren und andere anzustecken als auch die, schwer zu erkranken, wird durch die Impfung nach wie vor gesenkt. Das ist immer noch zutreffend, auch, wenn die Wirksamkeit der Impfstoffe nach einigen Monaten nachlässt und eine Auffrischungsimpfung notwendig wird.

Inzidenz unter Ungeimpften um ein vielfaches erhöht

Die Daten über Hospitalisierungen, die das Robert Koch-Institut (RKI) bundesweit erhebt, bestätigen die Annahme der grundsätzlichen Wirksamkeit und zeigen außerdem: Die Inzidenz der ungeimpften und hospitalisierten Personen ist deutlich höher, als die der geimpften und hospitalisierten selben Alters (siehe Grafik). Das RKI hat, um den Effekt der Impfung darzustellen, die Inzidenz der hospitalisierten Covid-19-Fälle unter vollständig Geimpften und Ungeimpften ab Kalenderwoche 28 (12. Juli 2021) getrennt berechnet. Die Daten werden jeden Donnerstag aktualisiert und sind auch öffentlich einsehbar. Oft wird behauptet, Geimpfte landeten genauso oft im Krankenhaus wie Ungeimpfte - dass das nicht stimmt, zeigt die Hospitalisierungsinzidenz.

Zum Vergleich: In Kalenderwoche 44 kletterte die Hospitalisierungsinzidenz der Über-60-Jährigen Ungeimpften von 28,9 auf 32,3 (pro 100.000 Einwohner), während die der geimpften Personen derselben Gruppe sich lediglich von 6,5 auf 6,7 erhöhte.

Die Daten belegen: Für vollständig geimpfte Personen aller Altersgruppen kann von einem sehr guten Impfschutz gegenüber einer schweren Covid-19-Erkrankung ausgegangen werden.

Anteil an Ungeimpften steht im Verhältnis zu Impffortschritt in Altersgruppe

Für Rheinland-Pfalz veröffentlicht das Landesuntersuchungsamt wöchentlich Covid-19-Berichte. Aus den vorliegenden Daten der vergangenen acht Kalenderwochen lässt sich ablesen: Bei den Über-60-Jährigen, bei denen die Impfquote deutschlandweit über 85 Prozent liegt, ist der Anteil unter den Hospitalisierten auch in Rheinland-Pfalz höher als bei den jüngeren Altersgruppen, bei denen die Impfquote noch geringer ausfällt. So werden Kinder unter 12 Jahren noch nicht geimpft, und in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen liegt die Impfquote bundesweit bei gerade einmal 46 Prozent (Stand: 30. November 2021, Quelle: Impfdashboard des Bundesgesundheitsministeriums). Dementsprechend ist der prozentuale Anteil geimpfter hospitalisierter Jugendlicher geringer als der geimpfter hospitalisierter Erwachsener.

Hinzu kommt: Weil der Impfschutz mit der Zeit nachlässt - eine Erkenntnis, die im Verlauf der Pandemie nach und nach offenbar wurde - ist die Booster-Impfung notwendig, um die Schutzwirkung wieder zu erhöhen. Bei den älteren Altersgruppen, die als besonders vulnerabel gelten, sind Erst- und Zweitimpfung am längsten her.

Warum die Impfung nach wie vor das stärkste Werkzeug ist

Abschließend ist festzustellen, dass eine Ansteckung oder Erkrankung trotz Impfung noch immer möglich ist - das war auch bekannt, als mit der Impfkampagne begonnen wurde. Ein Alltagsvergleich: Unter allen Menschen, die zum Zahnarzt gehen, weil sie eine Füllung benötigen, wird fast jeder seine Zähne regelmäßig geputzt haben - das wertet aber zurecht niemand als Beleg dafür, dass Zähneputzen nicht dazu taugt, Karies zu vermeiden.

Die Beweise, dass Impfstoffe schwere Krankheitsverläufe verhindern, sind aber seit den ersten klinischen Studien überzeugend. Zusätzliche Maßnahmen können weiterhin gerechtfertigt sein, wenn die Gesamtsituation es erfordert und beispielsweise das Gesundheitssystem an seine Grenzen gerät. So betont etwa der Mainzer Virologe Bodo Plachter, ein Zusammentreffen von vielen Menschen in engen Räumen ohne Maske und Abstand sei bei den hohen Infektionszahlen wie eine Runde "russisches Roulette".

Aber der schnellste Weg, um die Zahl der Kranken und Toten zu verringern, besteht darin, den Impfstoff so schnell wie möglich unter die Leute zu bringen - und Erst-, Zweit- und Booster-Impfungen durchzuführen.

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