Die Regelung soll für Landkreise mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von über 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern gelten. In Rheinland-Pfalz überschreitet derzeit keine Kommune den kritischen Wert.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte am Dienstag nach den Beratungen von Bund und Ländern, es gäbe keinen "Automatismus", nach dem die Regelung wirksam werde: "Wir würden das nicht von oben runter machen." Der Plan stattdessen: Das Land setzt sich mit den Landkreisen in Verbindung, in denen eine oder mehrere Kommunen den kritischen Inzidenzwert überschritten haben. Dann werden mit dem jeweils betroffenen Landkreis - oder der Kommune - "gemeinsam erarbeitet", welche weiteren Schritte konkret verabredet werden. Bei der Entscheidung werde unter anderem das Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt, so Dreyer.
Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe am Dienstag verzeichnete lediglich die Stadt Speyer eine Sieben-Tage-Inzidenz über 200. Da die Inzidenzzahl aber bereits einen Tag später wieder unter diesen Wert gesunken ist, wurde die Möglichkeit einer Einschränkung des Bewegungsradius in diesem Fall nichtig.
Wie die weiteren am 5. Januar 2021 beschlossenen Maßnahmen handelt es sich bei der 15-Kilometer-Regelung um eine Absichtserklärung, die erst in eine verbindliche Rechtsform (wie etwa eine Verordnung des Landes) gegossen werden muss. Die Bundesländer haben hier die Möglichkeit, in Details voneinander abzuweichen. Das betrifft auch die genaue Bestimmung der "triftigen Gründe", die Ausnahmen zulassen.
Kritik an geplanter Maßnahme
Das Verfassungsrecht verlangt, dass solch einschneidende Eingriffe wie die Beschränkung des Bewegungsradius angemessen, erforderlich und geeignet sein müssen, um die Ansteckungsgefahr zu reduzieren (Verhältnismäßigkeitsprinzip). Deshalb kritisieren einige Politiker und Juristen vor diesem Hintergrund die geplante Maßnahme.
So bezweifelt etwa der rheinland-pfälzische FDP-Chef Volker Wissing, dass im Kampf gegen das Coronavirus die Einschränkung der Bewegungsfreiheit juristisch zulässig ist. "Die Bewegungsfreiheit ist ein hohes Gut und wir haben hier keine gesetzliche Grundlage. Inwieweit das verfassungskonform ist, muss man prüfen", sagte der Politiker am Mittwoch im RBB-Inforadio. Er halte die Einschränkung der Bewegungsfreiheit für eine sehr schwierige Maßnahme, zumal sich das sehr unterschiedlich auf die Menschen auswirke. "Wenn Sie in Berlin leben, haben Sie praktisch keine Einschränkungen. Wenn Sie auf dem Land, in der Fläche leben, und das nächste Dorf 15 Kilometer entfernt ist, dann sind Sie quasi aufs Dorfleben reduziert."
Bewegungsradius im Internet berechnen
Sollte die Regelung in Zukunft in einzelnen Kommunen des Landes Anwendung finden, gibt es im Internet bereits Angebote, um den indivuellen Bewegungsradius zu bestimmen: Bei den Anbietern hanshack oder Calcmaps kann man den eigenen Wohnort eingeben und dann einen Radius von 15 km auswählen.
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Einen ersten Überblick darüber, wie stark die Kommunen im Land derzeit betroffen sind und ob demnach die Berechnung des Radius notwendig werden könnte, illustriert etwa die untenstehende interaktive Karte des Landes.
Hintergrund: Überlaufene touristische Gebiete
Die Maßnahme zur Einschränkung des Bewegungsradius leite sich, erklärte Dreyer auch den Hintergrund der Überlegungen, aus der Situation in Sachsen und Thüringen ab: "Thüringen hatte Sachsen zu einem bestimmten Zeitpunkt gebeten, eine solche Regelung zu treffen." In Sachsen hätten die engen Restriktionen dazu geführt, dass viele Menschen in die touristischen Gebiete Thüringens gereist seien. "Das heißt: Überall dort, wo wir hohe Inzidenzen haben, braucht man ein Instrument, um tagestouristische Ausflüge ein ganzes Stück besser steuern zu können."
Der Bewegungsradius für Hotspots könnte, sollte es dort zu einem Anstieg des Inzidenzwerts kommen, auch als Reaktion auf überlaufene Wintersportgebiete wie etwa den Erbeskopf im Hunsrück gelten.