Eine Luftaufnahme zeigt die Zerstörungen an der Ahr durch Flut und Überschwemmungen im Juli 2021. Viele Hausbesitzer wähnten sich durch Elementarverischerungen abgesichert. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Boris Roessler)

Grünen-Politiker wegen Austausch mit Spiegel befangen?

Opposition in RLP will Braun aus U-Ausschuss werfen

Stand

CDU, AfD und Freie Wähler wollen den Grünen-Politiker Bernhard Braun aus dem U-Ausschuss zur Flut ausschließen. Die Oppositionsparteien werfen ihm einen Interessenskonflikt vor.

Denn: Braun, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag, stand am 14. Juli 2021, dem Abend der Flut, in engem Austausch mit der damaligen Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne). Er war zunächst mit ihr essen und telefonierte später am Abend nochmal mit ihr. Das bestätigte Spiegel bei ihrer Befragung durch den U-Ausschuss Anfang März. Aufgrund der Ereignisse im Norden von Rheinland-Pfalz habe man sich über die dortige Hochwassersituation ausgetauscht, erklärte Spiegel. Den konkreten Gesprächsinhalt erläuterte sie gegenüber dem Ausschuss nicht.

Update 29.4.: Braun bleibt im Untersuchungsausschuss

Das Gremium lehnte einen Ausschlussantrag der Oppositionsfraktionen CDU und Freie Wähler am Freitag, 29.4., mehrheitlich ab. 

RLP

Nach Vorwürfen aus der Opposition Grünen-Politiker Braun bleibt im Flut-Untersuchungsausschuss

Der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Landtag Rheinland-Pfalz hat beschlossen, den Grünen-Politiker Bernhard Braun nicht aus dem Gremium auszuschließen. Das hatte die Opposition gefordert.

Braun habe Spiegel "wesentlich beraten"

Vertreter von CDU und Freien Wählern kritisieren, dass Braun "offenkundig zumindest mittelbar an den zu untersuchenden Vorgängen beteiligt war". Er habe die in die Kritik geratene Ministerin Spiegel in der Flutnacht "wesentlich beraten und unterstützt und damit in ihrem Handeln beeinflusst". Auch in den Tagen nach der Flut sei der Grünen-Politiker "eng in die Fehleranalyse und den Komplex 'Sprachregelung' im Bereich der Zeugin Anne Spiegel eingebunden gewesen".

Auch AfD-Fraktionschef Michael Frisch twitterte am Donnerstag, "Bernhard Braun muss aus dem Untersuchungsausschuss ausscheiden". Braun sei befangen.

Kurz vor Spiegels Aussage im U-Ausschuss waren in den Medien SMS-Protokolle der Ministerin aus der Flutnacht veröffentlicht worden, die den Eindruck erwecken, Spiegel sei es vor allem darum gegangen, Schaden von sich und ihrem Ministerium abzuwenden. So habe sie beispielsweise ihrem Pressesprecher Dietmar Brück geschrieben: "Wir brauchen ein Wording, dass wir rechtzeitig gewarnt haben."

Braun soll im Landtag Landrat Pföhler vorverurteilt haben

Die Oppositionsparteien werfen Braun vor, im eigenen Interesse das Ausmaß seiner Beteiligung in der Flutnacht womöglich nicht ausreichend aufklären zu wollen. Als weiteren Grund, Braun auszuschließen, sehen CDU und Freie Wähler, dass Braun in der Haushaltsdebatte des Landtags Vorgänge öffentlich bewertet habe, die im Untersuchungsausschuss noch gar nicht thematisiert worden seien. Er habe beispielsweise mit einer Äußerung über den damaligen Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler, der Beweiserhebung im Ausschuss vorweggegriffen.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende hatte während der Haushaltsdebatte am 30. März gesagt, dass Pföhler am 14. Juli "seinen Porsche weggefahren" habe, während Spiegel im Landtag vor Starkregen in der Eifel gewarnt habe. Daraufhin forderte der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Baldauf Braun auf: "Gehen Sie endlich aus dem Ausschuss raus! Sie sind nicht objektiv. Sie interessiert nur, die Anne Spiegel zu schützen." Zuvor hatte Braun die Darstellung als Lüge bezeichnet, dass die damalige Umweltministerin am Abend der Flutkatastrophe nicht erreichbar gewesen sei.

Rheinland-Pfalz

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CDU und Freie Wähler sprechen von einem "erkennbaren Interessenskonflikt". Auch weil Braun, nach der Aussage Spiegels vor dem U-Ausschuss, diese auf Twitter "vehement" verteidigt habe. Braun sei so sehr in die Geschehnisse in der Flutnacht involviert, dass er nicht mehr als Ausschussmitglied tragbar sei, erklärte der Obmann der CDU, Dirk Herber.

Der Obmann der Freien Wähler im Untersuchungsausschuss, Stephan Wefelscheid, sagte, er hoffe, dass sich Braun freiwillig zurückziehe und einer Abstimmung über eine Abwahl zuvorkomme. Um Braun auszuschließen, ist eine Zweidrittelmehrheit der Ausschussmitglieder erforderlich. Über den Antrag wird voraussichtlich am kommenden Freitag beraten. Wenn Braun Gelegenheit zur Anhörung gegeben wird und er sich nicht freiwillig zurückzieht, könnte es nach der Osterpause am 29. April zur Entscheidung kommen.

Braun will weiteres Vorgehen abwägen

"Wir schauen uns das in aller Ruhe an und werden dann entscheiden", äußerte sich Braun zu den Forderungen um seinen Rückzug. Wenn er im Untersuchungsausschuss als Zeuge gehört werden sollte, werde er im Ausschuss berichten, wie er den Tag der Flutkatastrophe erlebt habe. "Aber das sehe ich bisher nicht", so Braun.

Der Grünen-Politiker ist stellvertretendes Mitglied des U-Ausschusses. Als solches hat er regelmäßig an den öffentlichen und nicht-öffentlichen Sitzungen des Ausschusses teilgenommen. Außerdem hat Braun dadurch uneingeschränkte Akteneinsicht.

Die nächste Sitzung des Untersuchungsausschusses zur Flut ist am Freitag. Dann wird sich unter anderem Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zur Flutnacht äußern.

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SWR