Heute beginnen für Tausende junge Menschen in Rheinland-Pfalz die schriftlichen Abiturprüfungen. Für die Klausuren gelten in diesem Jahr strenge Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen. Wie Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) am Dienstagmittag mitteilte, müssen die Schülerinnen und Schüler geimpft, genesen oder getestet sein.
Werden Abituranwärterinnen oder -anwärter positiv getestet, können sie nicht an den Prüfungen teilnehmen. Wie schon 2021 sind aber bereits Nachschreibetermine vorgesehen. "Alle Schülerinnen und Schüler werden ihr Abitur ablegen können", heißt es aus dem Bildungsministerium.
Große Kritik an Maskenpflicht bei Abiturprüfungen in Rheinland-Pfalz
Neben der 3G-Regel gilt bei den Prüfungen Maskenpflicht. Die Masken dürfen nur während der vorgeschriebenen, regelmäßigen Stoßlüftungspausen kurz abgesetzt werden. Außerdem ist ein Abstand von zwei Metern zwischen den Schülerinnen und Schülern einzuhalten. Das geht aus einer Handreichung des Bildungsministeriums hervor, die den Schulleitungen ergänzend zu den bestehenden Hygieneregeln an Schulen übersandt wurde.
In der Schülerschaft wird ein Teil der Maßnahmen als notwendiges Übel akzeptiert, doch gibt es große Kritik an der vom Ministerium vorgegebenen Maskenpflicht. Colin Haubrich, Vorstand der rheinland-pfälzischen Landesschüler*innenvertretung (LSV), sagte dem SWR: "Es macht einen Unterschied, ob ich eine Maske fünf bis sechs Zeitstunden in meiner Freizeit auf einem Festival tragen muss oder bei einer der bedeutendsten Prüfungen meines Lebens."
Schüler starten Petition gegen Maskenpflicht bei Abitur
Durch das lange Tragen der Masken befürchte er, dass die Konzentrationsfähigkeit massiv abnimmt, so Haubrich. Da helfe es auch nichts, dass die Maske zwischendurch für wenige Minuten abgenommen werden könne. Inzwischen gibt es sogar eine Petition gegen die Maskenpflicht bei den Prüfungen - initiiert vom Abschlussjahrgang des Trifels-Gymnasiums Annweiler (Landkreis Südliche Weinstraße). Bei den Abiturprüfungen im vergangenen Jahr galt die Pflicht noch nicht.
Die LSV hat die Bedenken dem Ministerium am Montag noch einmal vorgetragen, fand jedoch kein Gehör. An den Regeln soll sich nichts ändern. "Diejenigen, die in den vergangenen zwei Jahren schon besonders belastet waren, kriegen jetzt zum Abschluss nochmal eins reingewürgt. Das ist hart", konstatiert Haubrich enttäuscht. Aus seiner Sicht sind verpflichtende Tests für alle, Lüften und Abstand ausreichend.
Auf diesem Standpunkt steht auch der Landeselternbeirat, der zusätzlich vorschlägt, mobile Raumluftreiniger und Plexiglastrennscheiben in den Prüfungsräumen einzusetzen, sofern diese in den Schulen vorhanden sind.
Opposition in Rheinland-Pfalz kritisiert Landesregierung für Hygieneregeln
Kritik kommt auch von den Oppositionsparteien im Landtag. Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Jenny Groß, sagte dem SWR, durch die Maskenpflicht werde es den Schülerinnen und Schülern erschwert, fünf Zeitstunden konzentriert an einem Thema zu arbeiten. Aus ihrer Sicht wäre es sinnvoller, verpflichtende PCR-Pool-Tests für alle bei den Prüfungen anwesenden Personen vorzuschreiben. Statt auf große Sammelprüfungen etwa in Turnhallen zu setzen, sollten die Klausuren außerdem besser in kleineren Gruppen in verschiedenen Räumen stattfinden.
Der Vertreter der Freien Wähler im Bildungsausschuss, Helge Schwab, sieht das ähnlich. Der Schutz vor Erkrankungen sei zwar oberstes Gebot, "bei ausreichend Abstand und Raumluftüberwachung sowie regelmäßigem Lüften kann aus meiner Sicht während der Abitur-Prüfung auf die Maske verzichtet werden", äußerte er gegenüber dem SWR.
Corona-Tests auch für Geimpfte und Genesene So soll der Unterricht an Schulen in RLP abgesichert werden
Wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante werden an den Schulen in Rheinland-Pfalz unter anderem die Corona-Tests ausgeweitet. Das hat Bildungsministerin Hubig mitgeteilt.
Auch von der AfD im Landtag kommt Widerspruch. In einer Stellungnahme bezeichnet Fraktionschef Michael Frisch die Maskenpflicht als "weder erforderlich noch zumutbar". Da alle Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer geimpft, genesen oder getestet seien und die Prüflinge mit Abstand säßen, gehe die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung im Rahmen der Klausuren gegen Null.
Bildungsministerin Hubig verteidigt Maskenpflicht
Ganz anderer Ansicht ist da der Philologenverband Rheinland-Pfalz. Die Landesvorsitzende Cornelia Schwartz beschwichtigt, es gebe ja Lüftungspausen, bei denen die Masken abgenommen werden könnten. Bei Klausuren ohne Masken hingegen bestünde ein großes Risiko, dass sich wegen der Omikron-Variante alle Anwesenden infizierten. Dann seien auch die mündlichen Prüfungen in Gefahr, so die Vertreterin der Lehrergewerkschaft.
Unter Verweis auf Omikron verteidigte Bildungsministerin Hubig in einer Pressekonferenz die vorgesehenen Regeln für die Prüfungen. Sie sagte: "Die Maske ist ein notwendiger, weiterer Mosaikstein in unserem ausgebauten Gesamtkonzept. Ich kann sehr gut verstehen, dass die Maske für unsere Abiturientinnen und Abiturienten eine zusätzliche Belastung ist, aber sie gibt allen Beteiligten zusätzliche Sicherheit, dass die Abiturprüfung wie geplant laufen kann."
Möglichst großzügige Maskenpausen sowie gegebenenfalls verlängerte Prüfungszeiten sollten zudem dazu beitragen, dass den Abiturientinnen und Abiturienten keine Nachteile entstünden, so Hubig.
B.1.1.529 in Deutschland FAQ zu Omikron - Was wir über die neue Corona-Variante wissen
Die neue Corona-Variante B.1.1.529 - Omikron genannt - breitet sich zunehmend auch in Rheinland-Pfalz aus. Was wir bislang über Omikron wissen:
Der Krankenhaushygieniker Wolfgang Kohnen von der Universitätsmedizin Mainz, der dem Corona-Expertenrat des Bildungsministeriums angehört, betonte: "Mit Blick auf die Omikron-Variante ist zu erwarten, dass es viele asymptomatische Verläufe gerade bei jungen Leuten gibt. Sie merken also nicht, dass sie infiziert sind." Deshalb sei es sinnvoll, auch bei den Prüfungen Maske zu tragen.
Aktuell 2.597 infizierte Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz
Von den Abitur-Regeln sind etwa 16.500 junge Menschen an allgemein- oder berufsbildenden Schulen in Rheinland-Pfalz betroffen. Während ein Großteil von ihnen zwischen dem 5. und 26. Januar die schriftlichen Prüfungen ablegen wird, folgen die rund 1.250 Schülerinnen und Schüler an G8-Gymnasien erst später im Jahr.
Wie viele Schülerinnen und Schüler aus dem diesjährigen Abiturjahrgang in Rheinland-Pfalz derzeit von Corona-Ansteckungen betroffen sind, lässt sich nicht ermitteln. Laut der für die Schulen zuständigen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) weisen die Schulen die Zahlen nicht für einzelne Klassenstufen aus. Den Angaben nach sind aktuell aber insgesamt 2.597 Schülerinnen und Schüler an 819 Schulen im Land mit dem Coronavirus infiziert (Stand 3.1.2022).