Todesurteil gegen Deutsch-Iraner: SPD-Außenpolitiker Schmid begrüßt Diplomaten-Ausweisung

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Andreas Böhnisch

Nach dem Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Dschamschid Scharmahd machen sowohl die Bundesregierung als auch der Bundestag Druck auf den Iran. Außenministerin Baerbock lässt zwei iranische Diplomaten ausweisen, und der Bundestag stoppt offenbar offiziell die Zusammenarbeit mit dem iranischen Parlament. Beides seien starke Zeichen, hat Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion im Gespräch mit SWR-Aktuell-Moderator Andreas Böhnisch gesagt. Er halte aber nichts davon, auch den iranischen Botschafter auszuweisen.

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SWR Aktuell: Ist das Aussetzen der Arbeit der deutsch-iranischen Parlamentariergruppe mehr als Symbolpolitik? Denn die Arbeit lag doch sowieso schon lange brach…

Nils Schmid: Es ist ein klares politisches Signal. Schließlich hat die übergroße Mehrheit der iranischen Parlamentsabgeordneten die Verhängung der Todesstrafe gegen die friedlichen Demonstrantinnen und Demonstranten im Iran befürwortet. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Deshalb war für uns im Deutschen Bundestag klar, dass eine Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene ausgeschlossen ist. Und deshalb hat die SPD diese Initiative gestartet.

SWR Aktuell: Was bedeutet das jetzt konkret, wenn die Arbeit dieser deutsch-iranischen Parlamentariergruppe vorerst gestoppt wird?

Schmid: Das ist ein ganz starkes politisches Signal, dass wir das iranische Parlament nicht als ebenbürtig und als normalen Partner für einen parlamentarischen Austausch anerkennen. Das bedeutet ganz praktisch, dass die Parlamentariergruppe keine Reise in den Iran machen wird. Jede Parlamentariergruppe macht einmal in der Wahlperiode eine entsprechende Reise. Das geht natürlich im Iran überhaupt nicht.

SWR Aktuell: Dann haben wir die Ausweisung von zwei Angehörigen der iranischen Botschaft. CDU-Chef Friedrich Merz fordert nun, dass der iranische Botschafter Deutschland verlassen muss. Warum nicht ein solches Signal nach Teheran mit der Ausweisung des höchsten diplomatischen Repräsentanten des Iran noch stärker dieses Todesurteil zu verurteilen?

Schmid: Man muss wissen, dass im Falle der Ausweisung des iranischen Botschafters aus Deutschland umgekehrt nach den diplomatischen Gepflogenheiten der deutsche Botschafter aus Teheran ausgewiesen würde. Und das würde die Arbeit der deutschen Botschaft weiter schwächen. Gerade wenn es um diese dramatischen Fälle von Doppelstaatlern, von Deutsch-Iranern geht, die im Iran inhaftiert sind, vor Gericht gestellt werden oder gar mit der Todesstrafe bedroht sind, ist es wichtig, dass wir mit dem Botschafter vor Ort sind, um zu versuchen, das Schlimmste zu verhindern.

SWR Aktuell: Der deutsche Botschafter in Teheran der hat ja ganz starken Protest eingelegt, war im iranischen Außenministerium. Was kann denn die Bundesregierung jetzt noch gegenüber dem Iran tun, um darauf hinzuwirken, dass die Hinrichtung nicht vollstreckt wird?

Schmid: Zunächst einmal geht es um maximalen politischen und diplomatischen Druck. Deutsche Staatsangehörige haben Anrecht auf Betreuung durch die Botschaft – das wird im Iran allen Doppelstaatlern verwehrt. Das ist eine massive Einschränkung der Grundrechte, und so etwas können wir nicht hinnehmen. Aber es geht auch darum, dass wir gegenüber dem Iran deutlich machen, dass dieses Vorgehen nicht nur gegenüber Deutschen, sondern auch gegenüber anderen westlichen Doppelstaatlern nicht akzeptabel ist. Und deshalb bereitet das Außenministerium mit den europäischen Partnern weitere Sanktionen vor. Zum Beispiel wird die Listung der Revolutionsgarden als Terrororganisation jetzt hoffentlich vorankommen. Denn nicht nur Deutschland, sondern auch viele EU-Partner sind von solchen Todesurteilen betroffen. Und ich glaube, da müssen wir ein deutliches Signal aussenden.

SWR Aktuell: Sollte es nun aber dazu kommen, dass der Deutsch-Iraner Dschamschid Scharmahd doch hingerichtet wird - was dann? Was tut die deutsche Außenpolitik dann?

Schmid: Das ist jetzt zu früh darüber zu spekulieren. Aber es wird dann eine noch deutlichere Reaktion nicht nur der deutschen Außenpolitik, sondern der europäischen Außenpolitik geben müssen. Denn die Todesstrafe ist barbarisch und inakzeptabel und erst recht unter den Umständen, wie sie in Teheran gehandhabt wird gegenüber Doppelstaatlern. Das werden wir ihnen nicht durchgehen lassen.

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