Essen zum Wohlfühlen - "Comfort Food"

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AUTOR/IN
Jonathan Hadem

Essen für die Seele…sowas kennt jede und jeder. Bestimmte Gerichte hat uns die Oma immer gekocht, andere erinnern uns an einen schönen Urlaub, an eine Begegnung mit einem besonderen Menschen. Viele sprechen da von „Soul Food“- das ist aber eigentlich missverständlich. Der Ausdruck kommt ursprünglich aus den Südstaaten der USA und bezeichnet seit den 1960er Jahren die afroamerikanische Küche. Fasst man den Begriff des seelenwärmenden Essens weiter, spricht man von „Comfort Food“. Darüber hat SWR-Aktuell-Moderator Jonathan Hadem mit der Ernährungsexpertin Anna Dandekar gesprochen.

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SWR Aktuell: Wie kommt es denn zu dieser Begriffsverwirrung zwischen Soul- und Comfort Food?

Anna Dandekar: Eigentlich mein beides das gleiche, nämlich Essen, das sich gut anfühlt. Aber der Begriff Soulfood wurde von den afroamerikanischen Sklaven geprägt, denn die mussten mit dem Essen auskommen, was ihnen übriggelassen wurde. Das waren dann halt keine Filetstücke, sondern eher so etwas wie Hühnchenfüße oder auch -flügel, Bohnen- und Mais-Reste. Und daraus haben die oft in Kombination mit Zucker, Fett und afrikanischen Gewürzen sehr leckere Gerichte kreiert. Daraus haben sich die heutigen Gerichte wie Chicken Wings oder Spare Ribs entwickelt. Und weil die Gerichte eben auch dazu dienten, um sich zu trösten in dieser sehr schlimmen Zeit, und an die Heimat zu denken, hat sich da der Begriff Soulfood, also Essen für die Seele etabliert. Aus Respekt vor dieser Geschichte und um Verwirrungen zu vermeiden, würde ich eben für das allgemeine Wohlfühlessen Comfort Food benutzen. Und für die US-amerikanische Küche würde ich eben Soulfood benutzen.

SWR Aktuell: Jetzt hast du schon einige Gerichte erwähnt. Was gehört denn sonst noch dazu?

Dandekar: Wenn wir jetzt vom typischen Comfort Food sprechen wollen, können wir eigentlich alles nennen, was uns geborgen fühlen lässt. Das kann ein schöner, warmer Eintopf sein, den meine Oma mir als Kind im Winter gekocht hat, oder bei mir zum Beispiel auch das erste Gericht, das ich selbst gekocht habe. Typischerweise geht es dabei eben nicht um eine schlanke Linie, sondern um die Glücksgefühle. Das ist eben bei vielen Menschen mit Schlemmerei verbunden, hat dann eben mehr mit Chicken Wings, Hähnchenkeulen, deftigen Fleischgerichten und süßen Desserts zu tun.

SWR Aktuell: Das heißt, das findet der Körper zwar gut, wir freuen uns darüber. Die Glückshormone kommen heraus, aber wir schaden uns letzten Endes auch. Wie häufig ist es denn okay, Comfort Food zu essen?

Dandekar: Das kommt ganz drauf an. Ich würde tatsächlich auch nicht per se sagen, dass Comfort Food schlecht ist, solange wir es wirklich mit diesen Gefühlen und den Erinnerungen verbinden. Es geht bei der Nahrungsaufnahme ja nicht nur eben darum, Nahrung aufzunehmen, sondern es geht auch viel um Kultur und Gewohnheiten und Traditionen. Da ist es auch völlig natürlich, dass wir eben lieber das essen, was in uns gute Gefühle erzeugt - und vielleicht eben so ein Heimatgefühl. Und ich würde eigentlich dafür plädieren, gesunde Gerichte zu Gewohnheiten und Traditionen werden zu lassen und die mit guten Gefühlen zu verbinden, sodass man dann auch wirklich immer Comfort Food essen kann, was der Seele guttut. Bei mir war es zum Beispiel oft Kartoffeln mit Kräuterquark und Leinöl. Das gab's, wenn es mal schnell gehen musste. Das ist momentan eins meiner Lieblingsessen, weil es sich einfach gut anfühlt.

SWR Aktuell: Comfort Food ist ja häufig auch voll mit Zucker und Fett. Gibt es denn irgendwie eine andere Möglichkeit, das herzustellen ohne diese beiden Stoffe?

Dandekar: Ja, natürlich – aber es ist sehr schwierig, komplett auf Fett und Zucker in einem Lebensmittel zu verzichten. Es wird immer eine ganz, ganz gewisse Menge dabei sein. Aber man könnte jetzt eben zum Beispiel auch auf Lebensmittel setzen, die Tryptophan enthalten. Das ist eine Vorstufe von Serotonin, dem Glückshormon, und wird dann eben im Gehirn umgewandelt. Dann hat man insgesamt einen größeren Pool an Glückshormonen in sich. Das wären zum Beispiel sehr gesunde Sachen wie Vollkorngetreide, Hafer, Bananen, Nüsse - vor allem Cashewnüsse und auch Hülsenfrüchte enthalten sehr viele der Aminosäuren, die dann Glückshormone werden.

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Jonathan Hadem