Antisemitismus: Wie Polizeikräfte sensibilisiert werden sollen

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Andreas Herrler
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Andreas Böhnisch

Der Antisemitismus nimmt zu. Empathia³ will Polizisten vorbereiten. Sarah Jahn leitet das Projekt im Bereich Polizei und erklärt im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Andreas Herrler, worauf es ankommt.

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Antisemitismus ist in der deutschen Gesellschaft weitverbreitet. Seit dem Überfall der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober haben die gewalttätigen Übergriffe deutlich zugenommen. Polizei- und Lehrkräften sind besonders gefordert und müssen sensibilisiert werden.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt Empathia³ will einen wichtigen Beitrag leisten und Polizisten sowie Lehrer unterstützen. Sarah Jahn von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen leitet das Projekt im Bereich der Polizei. SWR Aktuell-Moderator Andreas Herrler hat mit ihr gesprochen.

SWR Aktuell: Das Forschungsprojekt richtet sich an Polizistinnen und Polizisten, aber auch an Lehrkräfte. Warum sind diese Berufsgruppen im Kampf gegen Antisemitismus so wichtig?

Sarah Jahn: Beide Berufsgruppen vertreten zwei und sehr unterschiedliche Bereiche. Der eine Bereich ist die Bildung und der andere Bereich ist die Strafverfolgung. Insofern sind beide Berufsgruppen mit sehr zentralen Aufgaben betraut, um beispielsweise auf das Leben in der Gesellschaft vorzubereiten.

Das betrifft die Schule mit der Fragestellung, was wichtig im Wissen um den gemeinsamen Umgang ist, und die Polizei muss dafür sorgen, dass antisemitische Vorfälle verfolgt werden. Opfer von Antisemitismus müssen zu ihrem Recht kommen und sich sicher und beschützt in unserer Gesellschaft fühlen.

SWR Aktuell: Man sollte davon ausgehen, dass Straftaten immer verfolgt werden. Wieso muss man beim Antisemitismus doch dafür sensibilisieren?

Jahn: Um Straftaten verfolgen zu können, muss man Straftaten als solche erkennen. Das ist etwas, wofür wir im Verbundprojekt sorgen möchten.

Die Forschung geht davon aus, und wir sehen es auch in der aktuellen Berichterstattung, dass das Problem erkannt wird. Aber es fehlen Erklärungsansätze und eine Einordnung des Phänomens. Dazu braucht man Bildung und Ausbildung, um zu wissen, was Antisemitismus überhaupt ist.

SWR Aktuell: Werden durch dieses Projekt möglicherweise Polizeikräfte auch auf eigene unbewusste antisemitische Ressentiments aufmerksam gemacht?

Jahn: Ich könnte mir vorstellen, dass im Kontext der Ausbildung der eine oder die andere merkt, dass sie vielleicht ein anderes Verständnis von Antisemitismus haben - oder vielleicht auch von jüdischen Menschen. Durch die Sensibilisierung und die Behandlung des Themas könnte ein Bewusstsein entstehen, dass einige Annahmen womöglich falsch sind.

SWR Aktuell: Beobachten Sie insgesamt, dass Antisemitismus auf den Straßen und auch in den Klassenzimmern wieder zugenommen hat?

Jahn: Das Thema ist nicht neu. Es wird gerade sichtbarer. Die Herausforderungen und Probleme, die wir jetzt sehr deutlich sehen und die wir als Antisemitismus benennen, waren vorher schon da. Jetzt werden sie ausgesprochen und es wird gehandelt. Aber natürlich waren bestimmte Einstellungen, Meinungen oder auch Wissen über den Nahost-Konflikt, jüdische Menschen sowie jüdisches Leben vorher schon da. Das passiert nicht von heute auf morgen. Sie werden jetzt durch den ein Krieg in Israel eben sichtbarer.

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