"Kriminalstatistik mit Vorsicht betrachten": Was die Zahlen verschweigen

Stand

587.330 Straftaten weist die Kriminalstatistik für Baden-Württemberg im Jahr 2024 aus - etwas weniger als 2023. Der Kriminologe Jörg Kinzig deckt auf, was die Zahlen nicht sagen.

In der Statistik werde nur das "Hellfeld" erfasst, sagt er im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Florian Zelt. Das "Dunkelfeld" bleibe außen vor - also die Straftaten, die der Polizei nicht gemeldet wurden. Ebenfalls Einfluss auf die Kriminalstatistik habe die Zunahme von angezeigten Delikten. Die Zahlen gingen dann nach oben, obwohl sich möglicherweise am Ausmaß der Kriminalität nichts geändert habe. Als Beispiel nennt der Kriminologe der Universität Tübingen, dass sich immer mehr Frauen wegen häuslicher Gewalt an die Polizei wenden würden.

Baden-Württemberg

Mehrheit der Taten rechtsextremistisch Kriminalstatistik 2024: Mehr politische Straftaten in BW

Im Jahr 2024 haben die politischen Straftaten in BW einen neuen Höchststand erreicht. Die Mehrheit war rechtsextremistisch motiviert. Auch Messerangriffe von Kindern haben zugenommen.

Messerangriffe von Kindern in BW nehmen zu

Messerangriffe nahmen in Baden-Württemberg laut aktueller Kriminalstatistik 2024 bei Kindern bis 13 Jahren um fast 21 Prozent zu. Bei den Heranwachsenden von 18 bis 20 Jahren gab es einen Zuwachs von rund 20 Prozent. Bei den 13- bis 18-Jährigen sind solche Angriffe zurückgegangen.

Sogenannte "Dunkelfeldbefragungen" in der Schule hätten ergeben, dass Kinder häufiger als früher Messer bei sich tragen würden, sagt Jörg Kinzig. "Da müsste man mit Maßnahmen der Prävention ansetzen und darauf hinweisen, dass das Tragen eines Messers in der Öffentlichkeit gefährlich ist, weil es immer zu einer Eskalation beitragen kann."

Langfristige Vergleiche bei Kriminalität sinnvoller

Der Tübinger Kriminologe hält nur den Vergleich zu den Vorjahreszahlen von Kriminalitätsstatistiken nicht für sinnvoll. Zielführender sei es, sich die Entwicklung über zehn oder zwanzig Jahre anzugucken. Die Kriminologie befasse sich sogar mit den Zuständen im Mittelalter. "Wenn ich mir das anschaue, ist mein Eindruck, dass wir uns keine größeren Sorgen machen müssen und dass man zivilisatorisch einen deutlichen Fortschritt gemacht hat."