Bücher in einem Buchladen, ein Stapel ist vor einem Regal zu sehen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/ dpa/ Frank Rumpenhorst)

Einzelhandel kämpft ums Überleben

Wie können Händler gegen die Online-Konkurrenz bestehen?

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Amazon und andere Online-Riesen machen dem Einzelhandel das Leben schwer. Sabine Hagmann vom Handelsverband Baden-Württemberg erklärt im SWR, wie sich lokale Händler halten können.

SWR: Die Menschen können weniger Geld ausgeben, das werden die Geschäfte zu spüren bekommen. Worauf stellt sich der stationäre Einzelhandel ein?

Sabine Hagmann: Grundsätzlich ist der stationäre Handel schon einiges gewohnt. Aber die Situation, die wir jetzt haben, ist schon sehr herausfordernd. Der Handel versucht jetzt, sich der Herausforderung zu stellen. Die Omnichannel-Konzepte (Kombination von örtlichem Handel und Online-Angeboten, Anm. d. Red.) werden jetzt an Bedeutung gewinnen, und daran arbeiten natürlich die Händler. Sie versuchen alles, was sie tun können in den stationären Geschäften, um es so zu machen, dass sie wieder an Attraktivität für den Konsumenten gewinnen.

Zu dieser Situation kommt hinzu, dass sich in der Corona-Pandemie viele angewöhnt haben, Einkäufe online zu erledigen - die Umsätze fehlen in den lokalen Geschäften. Wie kann das "abtrainiert" werden?

Wir haben momentan einen sehr großen Frequenzrückgang im Vergleich zu 2019 in den Innenstädten. Das heißt, wir müssen versuchen, die Menschen von ihrem Sofa wieder in die Innenstädte zurückzuholen, in den stationären Handel.

Die Atmosphäre muss zum Wohlfühl-Shoppen einladen.

Maßnahmen dafür sind natürlich, dass man die Sortimente überarbeitet - die müssen noch spannender werden. Es muss eine sehr schöne Warenpräsentation gemacht werden. Der Service muss ausgebaut werden, die Beratung ansprechend - und so, dass sie wirklich einen Mehrwert bringt. Die Atmosphäre muss zum Wohlfühl-Shoppen einladen, die Prozesse müssen reibungslos sein. Da muss man sich jetzt schon sehr strecken, denn der digitale Handel hat da einen Vorteil durch die letzten zwei Jahre bekommen. Der Kunde ist jetzt daran gewöhnt, dass die Prozesse anders sind, reibungsloser, schneller sind. Ich glaube, da muss der stationäre Handel besonders ansetzen, auch was die Prozessoptimierung im Hintergrund anbelangt, für die Warenpräsentation, Warenbeschaffung. Und er muss noch mehr an relevanten Kooperationen arbeiten, sowohl innerhalb der Innenstadt als auch über die eigene Stadt hinaus. Er muss kooperieren, mit anderen Branchen und mit anderen Händlern. Das hat man natürlich auch schon gemacht, aber ich glaube, dass man an der Stelle noch mehr machen muss.

Sabine Hagmann (Foto: SWR)
Sabine Hagmann, Hauptgeschäftsführerin beim Handelsverband Baden-Württemberg

Sehen Sie Möglichkeiten, Online-Shopping und das Einkaufen in den Geschäften noch besser zu verknüpfen?

Wir sind schon der Ansicht, dass wir das verknüpfen müssen, zum Beispiel mit der Bereitstellung von Tablets auf der Verkaufsfläche. Wenn Kunden sich beispielsweise Schuhe anschauen, und die eigene Größe ist vergriffen, dann könnte man Tablets bereitstellen, mit denen man selbst bestellt oder mit einer Beratung eben bestellen lässt. Insgesamt ist die digitale Schulung des eigenen Verkaufspersonals wichtig, damit die eben auch über den Online-Handel den stationären Handel unterstützen können. Insofern glaube ich, dass wir da noch Potenzial haben.

Es hört sich einfacher an, als es ist.

Es ist schon so, dass sich die meisten Händler mit E-Commerce auseinandersetzen und sich überlegen: Ist das etwas für das eigene Geschäft? Haben wir die Kompetenz? Viele haben Kompetenzen aufgebaut. Aber wichtig ist, und das vergessen, glaube ich, sehr viele: E-Commerce heißt natürlich auch teilweise Päckchen packen für große internationale Anbieter. Man verdient nichts dabei. Die Rücksendequote ist gerade auch im Textil- und Schuhhandel unglaublich hoch, und die Kosten auch - also diese ganzen Logistiktätigkeiten. Hier muss man schauen, dass man einen Weg für sich selbst findet, für das eigene Stammpersonal, aber vor allem natürlich auch für die eigenen Kunden. Und ich glaube, da arbeiten fast alle dran. Aber es hört sich einfacher an, als es ist.

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