Welche Versorgung benötigen Schwangere in einer Geburtsklinik? Ruth Hofmeister vom Hebammenverband Baden-Württemberg hält einen Kinderarzt nicht in allen Fällen für notwendig.
Entsprechende Forderungen würden zu kurz greifen, sagt die 1. Vorsitzende des Verbands im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Andreas Fischer. Sie kann es deshalb nicht nachvollziehen, dass keine Geburten mehr in Geburtskliniken ohne Kinderärzte stattfinden dürfen sollen. Christian Poets, Leiter der Abteilung für Neonatologie des Universitätsklinikum Tübingen, hatte im SWR-Interview verlangt, dass es nur noch Kliniken mit der Erfahrung von mehr als 1.000 Geburten pro Jahr und mit einer Kinderklinik im Haus geben solle. Das läuft praktisch auf eine Abschaffung der Level-IV-Krankenhäuser für Geburten hinaus.
Für Ruth Hofmeister haben auch die Level-IV-Krankenhäuser ihre Berechtigung. Dort seien Schwangere ohne besonderes Risiko gut aufgehoben. Was für diese Frauen bei der Geburt wichtig sei, "ist nicht unbedingt ein Kinderarzt, der neben dem Gebärbett steht, sondern sie brauchen Zeit, Ruhe, eine familiäre Umgebung und eine Eins-zu-eins-Betreuung". Diese Anforderungen würden die Level-IV-Krankenhäuser gut erfüllen, weil dort die Betreuung durch Hebammen am besten sei.
Hebammen-Vorsitzende nimmt Level-IV-Geburtskliniken in Schutz
In Baden-Württemberg sind mehr als die Hälfte der Krankenhäuser, in denen Kinder zur Welt kommen, Geburtskliniken der niedrigsten Versorgungsstufe (Level IV). Dort gelten grundsätzlich Einschränkungen bei Risikoschwangerschaften. Entsprechende Patientinnen sollen nach Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) nicht aufgenommen werden. Einige Level IV-Geburtskliniken halten sich jedoch nicht daran, wie Recherchen von SWR, BR, MDR und rbb belegen. Dokumentiert sind Fälle von geschädigten Kindern oder Totgeburten.
37 Level IV-Geburtskliniken in BW Tübinger Experte fordert: Geburtskliniken ohne angeschlossene Kinderklinik schließen
In Baden-Württemberg sind mehr als die Hälfte der Kliniken, in denen Kinder zur Welt kommen, Geburtskliniken der niedrigsten Versorgungsstufe. Experten fordern, sie abzuschaffen.
Es handele sich um Einzelfälle, gibt die 1. Vorsitzende des Hebammenverbandes Baden-Württemberg zu bedenken. Außerdem könnten nicht alle Risiken bereits vor der Geburt diagnostiziert werden. Als Beispiel nennt sie Plazentainsuffizienz, die laut Berichten in Level-IV-Geburtskliniken aufgetreten ist. "Das ist oft ein Befund, den man erst nach der Geburt feststellen kann." Deshalb der Klinik einen Vorwurf zu machen, die diese Schwangere aufgenommen hat, greife zu kurz. "Wenn ich mir die Fälle angucke, die durch die Medien gehen, wäre nicht alles in einem Level-I-Haus zu verhindern gewesen."
Zentralisierung ist für Hebammen-Vorsitzende keine Lösung
Die Abschaffung der Geburtskliniken mit der niedrigsten Versorgungsstufe (Level IV) sieht Ruth Hofmeister äußerst kritisch. Eine Zentralisierung wäre die Folge. In einem Flächenland wie Baden-Württemberg müssten Schwangere lange Anfahrtswege in Kauf nehmen. Das Risiko einer Geburt auf dem Weg ins Krankenhaus würde steigen und "die schlechteste Versorgung haben wir am Straßenrand", warnt die 1. Vorsitzende des Hebammen-Verbandes Baden-Württemberg.