Frühstücks-Quarch: Warum Kirche auf eine "zeitgemäße Weise unzeitgemäß sein sollte"

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Von Autor/in Andreas Fischer

Immer mehr Christen wollen mit katholischer oder evangelischer Kirche nichts mehr zu tun haben. Der Philosoph Christoph Quarch empfiehlt die Rückbesinnung auf Spiritualität.

Die Kirchen sollten wieder zu sich selbst finden, sagt der Philosoph im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Andreas Fischer. Ihre Aufgabe sei es, "den Menschen eine Brücke zu einer anderen Wirklichkeitsdimension zu bauen - also zu dem, was man immer das Göttliche oder das Heilige genannt hat". Darin liege die "spirituelle Kernkompetenz", die die Kirchen allerdings mehr und mehr eingebüßt hätten.

Kirche nur noch "moralische Erziehungsanstalt"?

Christoph Quarch empfiehlt der Kirche deshalb, auf eine "zeitgemäße Weise, unzeitgemäß zu sein", um den Mitgliederschwund zu stoppen. Dazu gehöre es, sich um die "spirituellen Sehnsüchte der Menschen zu kümmern". Kirche solle keine "moralische Erziehungsanstalt" sein, sondern zu Spiritualität und Sinnstiftung beitragen. Doch schon seit längerer Zeit habe sie die Verbindung zu ihren religiösen Wurzeln gekappt. Das ist für den Philosophen einer der Hauptgründe für den Mitgliederschwund.

Deutschland ohne Kirche - wo bleibt das Soziale?

Traditionell kümmern sich die katholische und evangelische Kirche in Deutschland um das Gemeinwohl. Viele befürchten eine Zunahme der sozialen Kälte, wenn die Kirchen durch den Mitgliederschwund an Einfluss verlieren. Für den Philosophen ist diese Parallele nicht zwangsläufig gegeben. Auch viele nicht-kirchliche Organisationen sorgten für das Funktionieren des Sozialsystems. Ein Vergleich mit Skandinavien zeige außerdem, dass der Wohlfahrtsstaat dort nicht auf die Kirchen angewiesen sei.

Der SWR überträgt die katholische Feier der Osternacht aus Limbach im Neckar-Odenwald-Kreis. Die Sendung beginnt um...Posted by Kirche im SWR on Wednesday, April 16, 2025

Trotzdem habe die abnehmende Bedeutung von evangelischer und katholischer Kirche Konsequenzen: Dadurch sei "ein geistiges Vakuum entstanden, in das sich eine Denkweise eingenistet hat, die den christlichen Werten und auch dem sozialen Denken entgegengesetzt ist. Das christliche Menschenbild ist durch den 'Homo oeconomicus' verdrängt worden - ein Mensch, der bei allem, was er tut, nur an seinen eigenen Vorteil denkt", kritisiert der Philosoph Christoph Quarch.