Verteidigung in Europa: Ohne US-Hilfe "völlig ausgeschlossen"

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Das Interview führte
Bernhard Seiler
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Sebastian Felser

Die Europäische Union veranstaltet heute ein Gipfeltreffen zu Sicherheitsfragen. Dabei liegt der Fokus auf der Verteidigungspolitik. Die Unterstützung der Vereinigten Staaten wirkt unter US-Präsident Donald Trump nicht mehr so gewiss, wie unter US-Präsident Joe Biden noch. Andererseits blicken die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach Osten auf die Lage in der Ukraine. Im Gespräch mit Carlo Masala, Politikwissenschaftler und Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München, hat SWR Aktuell-Moderator Bernhard Seiler über beide Themen gesprochen.


Abhängigkeit vom NATO-Partner USA

Eigentlich müsste die Europäische Union sehr viel Geld für die Aufrüstung ausgeben, um sich selbst zu schützen, ohne auf die Vereinigten Staaten angewiesen zu sein. Es gebe Fähigkeitsfelder, in denen rund die Hälfe der notwendigen Verteidigungskapazitäten bei den US-Streitkräften lägen. Das alles aufzuholen koste sehr viel Geld und mindestens eine Dekade an Zeit, so Masala. Momentan müsse Europa sich klar darüber sein, dass wir nicht in der Lage seien, uns bei einem vollumfänglichen Angriff selbst zu verteidigen.

Das ist völlig ausgeschlossen, weil Europa die Fähigkeiten dazu fehlen.

Mit Blick auf die Ukraine bemängelte Masala, es fehle der EU bis heute an einer klaren strategischen Zielsetzung. Diese Frage sei seit Jahren unbeantwortet.

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Strategisches Ukraine-Ziel fehlt – fest steht aber: mehr Hilfe ist nötig

Egal, welches strategische Ziel die EU verfolge, fest stehe aber, dass die Ukraine mehr Hilfe brauche. Das gelte für ein Minimal-Szenario, in der sie einfach nur die Stellung halten soll, erst recht für ein Szenario, in der die Ukraine aus einer möglichst starken Stellung in Verhandlungen mit Russland gehen soll.

Wozu soll diese Ukraine-Hilfe führen? Was ist das strategische Ziel?

Angesichts der Einschätzung, dass Russlands Präsident Wladimir Putin aktuell gar kein Interesse an Verhandlungen signalisiert, da aus seiner Sicht sein Angriffskrieg in der Ukraine gut verlaufe, sei eigentlich sogar noch mehr Hilfe nötig, um Verhandlungen zu erzwingen.

Ukraine-Hilfe "versiegt momentan"

So viel Geld für Verteidigung auszugeben sei aber problematisch, findet Masala. Das hänge damit zusammen, dass es EU-Mitgliedsstaaten, wie Ungarn, gebe, die strikt gegen die bestehenden Ukraine-Hilfen seien. Gleichzeitig sei Deutschland im Wahlkampf, was auch Konsequenzen für die Ukraine habe: "Es ist eine schwierige Gemengelange, in der sich die EU gerade befindet, weswegen die Ukraine-Hilfe momentan eigentlich auch eher versiegt."

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