Der Fall Pistorius und wie es insgesamt um Geschlechter-Gerechtigkeit in der Politik bestellt ist

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Katja Burck

Ein neuer Bundesverteidigungsminister macht der Parität in der Ampel ein jähes Ende. Darüber lässt sich streiten, doch auch in den meisten deutschen Parlamenten ist der Frauenanteil rückläufig. Grund dafür seien die Wahlentscheidungen der Wählerinnen und Wähler, sagt die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch.

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Mit Boris Pistorius sitzen ab sofort neun Männer und nur noch sieben Frauen im Bundeskabinett und dass obwohl der Kanzler zu Beginn seiner Amtszeit doch anderes versprochen hatte. Ist die Parität in der Politik also nur etwas für "Schönes Wetter"? Nein, sagt die Politikwissenschaftlerin und Leiterin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, Ursula Münch, im Gespräch mit SWR-Moderatorin Katja Burck. Tatsächlich sei das künftige Geschlechterungleichgewicht "ein unerfreuliches Signal", aber dennoch die richtige Entscheidung, findet die Politikwissenschaftlerin.

Ohne Führungserfahrung wäre Scheitern programmiert gewesen

Im Gespräch mit SWR-Moderatorin Katja Burck begründet Münch diese Auffassung folgendermaßen: Schließlich hätten die beiden fachkompetenten Frauen im Rennen - die aktuelle Staatssekretärin im Verteidigungsministerium und die Wehrbeauftragte der Bundesregierung - keine Erfahrung im Führen eines ganzen Ministeriums gehabt. "Ich hätte es nicht für richtig gefunden, wenn man einer Frau nur aufgrund der Tatsache, dass sie Frau ist und eine gewisse Erfahrung zur Bundeswehr hat, den Vorzug gegeben hätte und dann zugeschaut hätte, wie diese Person grandios scheitern würde", so Münch, die das ein solches Scheitern ohne Führungserfahrungen für programmiert hält.

Rückläufiger Frauenanteil liegt an Wahlentscheidung der Wählerinnen und Wähler

Dass der Frauenanteil in den deutschen Parlamenten derzeit eher rückläufig oder stagnierend ist, führt die Politikwissenschaftlerin auf bestimmte Parteien und deren Fraktionszusammensetzungen zurück. „Zu dem sinkenden Frauenanteil in fast allen Parlamenten in der Bundesrepublik trägt ganz massiv die AfD bei, durchaus auch die FDP und auch die Unionsparteien. Das heißt je stärker die Wählerinnen und Wähler sich für Parteien der Mitte und rechts der Mitte entscheiden, die keine Quotierungen haben, desto niedriger ist der Frauenanteil in den Parlamenten“, so Münch

Verankerung der Parität im Wahlrecht derzeit nicht in Sicht

Dennoch hält Münch eine gesetzliche Verpflichtung zur Geschlechter-Parität, wie sie derzeit im Zusammenhang mit der Wahlrechtsreform diskutiert wird, nicht für realisierbar. „Das würde als eine starke Beschneidung der Freiheitsrechte von Parteien interpretiert. Das kann sich noch ändern, ich sehe das im Augenblick jedoch nicht“, so Münch.

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