Trotz Asyl-Beschluss: Warum die Union an Zurückweisungen von Flüchtlingen festhält

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Die Zurückweisung von drei Flüchtlingen an der Grenze zu Polen war rechtswidrig. Steffen Bilger (CDU) aus der Unions-Fraktion unterstützt trotzdem das Vorgehen des Innenministers.

"Da muss sich grundlegend was ändern", erklärt Steffen Bilger im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Jonathan Hadem. "Wir finden es richtig, dass die Bundesregierung handelt." Bei dem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts handele es sich um eine Einzelfallentscheidung in einem Eilverfahren, betont Bilger, der erster parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist. Daraus lasse sich nicht ableiten, dass die Politik der Bundesregierung grundlegend geändert werden müsse.

Wir sind der Auffassung, dass es unser Recht als Bundesrepublik Deutschland ist, zu entscheiden, wer in unser Land kommt.

Bilger kritisiert EU-Regeln in der Asylpolitik

In dem verhandelten Fall waren drei Somalier an der Grenze zu Polen zurückgewiesen worden. Dieses Vorgehen erklärte das Gericht für rechtswidrig. Welches Land für den Asylantrag zuständig sei, müsse in Deutschland nach dem sogenannten Dublin-Verfahren ermittelt werden, argumentieren die Richter.

Doch diese Regelungen würden in Europa schon lange nicht mehr korrekt angewandt, sagt Bilger. Das müsse die Bundesregierung in ihrer politischen Entscheidung berücksichtigen: "Es kann nicht sein, dass andere Länder Asylbewerber durchwinken. So kann es nicht weitergehen." Die Dublin-Regelung sieht vor, dass Flüchtlinge in der Regel in dem EU-Land ihren Asylantrag stellen müssen, in das sie einreisen.

Gericht sieht keine "nationale Notlage"

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die Zurückweisung von Flüchtlingen unter anderem mit einer "nationalen Notlage" begründet. Dem widersprach das Berliner Verwaltungsgericht im aktuellen Fall. Für Bilger ist diese Argumentation nicht nachvollziehbar. Eine Person sei über Weißrussland in die EU eingereist. Es bestehe der Verdacht der hybriden Kriegsführung, weil Flüchtlinge nach Europa "eingeschleust" werden könnten.

Die EU-Kommission "als Hüterin der Verträge" erlaube in einer solchen Situation Zurückweisung an den Grenzen. Als Beispiele nannte Bilger, dass die Kommission Polen und Finnland Zurückweisungen an den EU-Außengrenzen zugestanden habe.

Verschärfte Asylpolitik: Skepsis beim Koalitionspartner SPD

Aus Teilen der SPD kommt Kritik an Dobrindts Vorgehen, Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückzuweisen. Ralf Stegner sagte dem "Spiegel", die SPD habe in der Asylpolitik immer "auf Humanität und die Einhaltung der deutschen und europäischen Rechtsgrundlagen an unseren Landesgrenzen bestanden". Dies hätten die Konservativen stets lässig zurückgewiesen. "Das wird für Herrn Dobrindt möglicherweise nicht ohne ein paar politische Schrammen abgehen - so was kommt von so was", sagte Stegner, der in den Koalitionsverhandlungen mit der Union für die SPD die Innen- und Migrationspolitik mitverhandelt hatte.