Im Weltall sind "Weiße Zwerge", kompakte und besonders alte Sterne, miteinander verschmolzen. Der Tübinger Professor Klaus Werner spricht im SWR-Interview über das Besondere daran - und über "merkwürdige Objekte" weit draußen im Universum.
SWR: Herr Werner, Sternenhochzeit, das klingt spannend. Was haben Sie genau entdeckt?
Klaus Werner: Wir haben sozusagen das Ergebnis einer Sternenhochzeit, oder wie wir in der Astronomie sagen, das Ergebnis einer Sternverschmelzung entdeckt. Das heißt, wir haben Sterne gefunden, die eine chemische Oberflächen-Zusammensetzung haben, die ganz anders ist als das, was wir von normalen Sternen kennen.

Warum ist das ein Erfolg, warum ist das etwas Besonderes?
Das ist der erste sichere Nachweis dafür, dass solche Sternverschmelzungen tatsächlich passieren. Normalerweise würde man erwarten, dass Sterne immer Wasserstoff auf ihrer Oberfläche zeigen, das leichteste Element. Aber in diesem Fall haben wir chemische Elemente gefunden, die normalerweise nur im Inneren der Sterne vorkommen. Und aus der Tatsache, dass diese Elemente jetzt auf der Oberfläche eines Objekts gefunden worden sind, schließen wir, dass zwei solche Sterne, genauer gesagt "Weiße Zwerge", miteinander verschmolzen sind und die Elemente an die Oberfläche geraten sind.
Ist es das Besondere, dass es jetzt zu dieser Verschmelzung gekommen ist? Oder ist das Besondere, dass sie einen neuen Typ von Stern entdeckt haben?
Sowohl als auch. Wir haben einen neuen Sternentyp in dem Sinne gefunden, dass wir jetzt Objekte haben, die eben nicht wasserstoffreich sind wie alle anderen Sterne. Und zum anderen haben wir nachweisen können, dass tatsächlich diese Sternverschmelzungen geschehen können.
Sterne sind ja unglaublich weit weg. Wie genau können Sie das erforschen? Wie haben Sie diese Entdeckungen gemacht?
Wir beobachten diese Sterne mit sehr großen Teleskopen. Den einen Fall haben wir mit dem größten Teleskop auf der Erde entdeckt, dem Large Binocular Telescope, das in Arizona in den USA steht.
Würden Sie sagen, das sind neue Erkenntnisse für unser Universum, die zu weiteren wichtigen Erkenntnissen führen?
Ja, das kann man sagen, denn wir wissen zumindest aus theoretischen Überlegungen, dass die Verschmelzung zweier "Weißer Zwerge" auch zu explosionsartigen Ereignissen führen kann, zu sogenannten Supernova-Explosionen. Das bedeutet dann, dass die einsetzende Kernfusion bei diesem Verschmelzungsprozess den gerade entstehenden Stern komplett zerreißt. Und das hat insofern eine Bedeutung, weil wir diese Supernova-Explosionen hernehmen, um die Entfernungen im Universum zu anderen Galaxien zu bestimmen.

Wieviel ist da noch unbekannt und im Unklaren?
Wir rechnen damit, dass da noch sehr viele Überraschungen auf uns warten, weil praktisch alle Erkenntnisse über die Sternentwicklung in den letzten zehn Jahren durch Beobachtung mit großen Teleskopen angestoßen worden sind. Dabei haben wir also merkwürdige Dinge entdeckt.
Wir entwickeln und bauen immer größere Teleskope, die in der Lage sind, immer tiefer ins Weltall zu schauen, um immer merkwürdigere Objekte zu entdecken. Und auf diese Art und Weise wollen wir der Natur auf die Spur kommen, wie die Entwicklung von Sternen vielleicht noch ablaufen kann, ohne dass wir vorher überhaupt nur ahnen, was die Natur da vielleicht noch in petto hat.