Marie Gediehn (Foto: SWR, Patricia Neligan )

Zwei Minuten: Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Quote statt Qualifikation?

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Marie Gediehn
Marie Caroline Gediehn, SWR2 Moderatorin (Foto: SWR, Christian Koch)

Der Fall Spiegel sagt nichts über Quote und Qualifikation aus. Obwohl das angenehm einfach wäre. Stattdessen geht es um Demokratie, meint Marie Gediehn.

Das kommt davon, wenn man nach Quote geht und nicht nach Qualifikation. Diese messerscharfe maskuline Stammtisch-Analyse zum Fall der zurückgetretenen Familienministerin Anne Spiegel ließ nicht lange auf sich warten. Immerhin, die Republik ist noch nicht am Ende, die Reflexe funktionieren noch. Auch bei der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ), die mit der bahnbrechenden Erkenntnis ums Eck kommt: „Wenn Proporz mehr zählt als Kompetenz, verlieren alle Beteiligten“, davon kann die CDU mit Blick auf die CSU ein Lied singen.

Die Kolumne von Marie Gediehn können Sie hier auch als Audio hören:

Wo kommen wir dahin, wenn plötzlich alle möglichen Gruppen, Betroffenen, Minderheiten, Bundesländer, gar Frauen, überall vertreten sein wollen, sichtbar, hörbar und am besten noch stimmberechtigt. Das wäre dann doch ein bisschen sehr viel „Mehr-Demokratie-wagen“.

Da hat die NZZ den Finger gottseidank messerscharf in die Wunde gelegt, das wäre, aus Sicht des Stammtischs, kurz vor unregierbar. Und da ist der Bundeskanzler wohl offenbar, was soll ich sagen, ein Fantast, mindestens ein Träumerle, mit seinem irrwitzigen Anspruch, genauso viele Frauen wie Männer im Kabinett haben zu wollen. Kann ja nicht gut gehen, sieht man ja jetzt. Wie gesagt, die Reflexe funktionieren noch.

Fragt sich also: Wurde Olaf Scholz vielleicht arglistig getäuscht? Wusste er am Ende gar nicht, dass Anne Spiegel nicht einfach nur eine Frau, sondern eine mit Mann und Kindern ist? Also quasi Frau mit Gedöns? Das war natürlich früher einfacher mit Angela Merkel. Als man fast gar nicht gemerkt hat, dass da eine Frau im Amt ist, Hosenanzug, vielleicht eine Kette, aber an sich: Keine hohen Schuhe, kaum Schlaf, wenig Urlaub, auch sonst kaum Ansprüche und eine Familie, von der man zumindest nichts mitkriegt.

Frauenquote auf Vorrat?

Das war 16 Jahre lang eine Art Frauenquote auf Vorrat und jetzt ist doch auch mal gut, da kann man einfach mal dankbar sein. Da brauchen wir doch jetzt nicht diesen Quatsch mit halb Männer, halb Frauen im Kabinett. Da passiert dann eben sowas wie mit Anne Spiegel, wie gesagt, Reflexe.

Anne Spiegel (Grüne), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat bei einem kurzfristig einberufenen Statement ihren vierwöchigen Familienurlaub nach der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer als Fehler bezeichnet und sich dafür entschuldigt. (Foto: dpa Bildfunk, Annette Riedl)
Nach massiver Kritik an ihrer Urlaubsreise kurz nach der Flutkatastrophe an der Ahr hat Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) ihren Rücktritt erklärt.

Und jetzt? Wieder eine Frau. Wir lernen wirklich nichts dazu. Proporz, Parität, Identität, Herkunft, so viele fiese Einschränkungen, statt einfach nur nach Qualifikation zu gehen. Tja, es ist eben kompliziert, oder, wie ich es mal formulieren würde: Willkommen in der Demokratie, lieber Stammtisch. Willkommen in einer Demokratie mit politischer Mitwirkung möglichst vieler in möglichst vielen Bereichen, Stichwort Partizipation. Sorry, aber manches lässt sich eben nicht allzu fluffig formulieren.

Das andere Konzept, das mit der reinen Qualifikation, wo sich nur die ganz Harten durchsetzen, das ist wohl eher in der freien Wirtschaft zu finden, vielleicht in Strukturen wie zum Beispiel in einer Bank. Klappt aber, aus der Ferne zumindest, auch eher nur so mittelgut, oder?

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