"Nein, nein, nein" sagte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Montag im "heute journal" des ZDF. Zunächst elfmal nacheinander, später weitere dreimal. Vielleicht war es die Erschöpfung am Ende eines langen, anstrengenden Arbeitstages.
An dem Politiker Kretschmann schätze ich, dass er nicht schwafelt oder zündelt, sondern Klartext spricht mit anschaulichen Bildern. "Aus vielen Peanuts wird eine große Nuss." Seine 74 Lebensjahre setzt er mehr in Erfahrung als in Eitelkeit um. Als schwäbischer Grantler genießt er Sympathien weit über die grüne Gemeinde hinaus. So lange er regiert, scheint es, haben die baden-württembergischen Grünen kein Personalproblem.
Klartext mit anschaulichen Bildern
Scheint es. Denn nach meinem Eindruck beginnt sich Winfried Kretschmann zu verändern. Er wirkt unduldsamer, härter auf mich als vor der Corona-Pandemie. Bei dem Mann mit Ecken und Kanten überwiegen heute eindeutig die Kanten – darunter scharfe. In der Landespressekonferenz erläutert der Ministerpräsident seine Politik nicht mehr, er verkündet sie. Auftritte wie jetzt die Nein-nein-nein-Tirade wirken authentisch, aber – in meiner Wahrnehmung – befremdlich.
Winfried Kretschmann hat das Bundesland nach Jahrzehnten der CDU-Herrschaft und "Stuttgart 21" politisch befriedet. Heute steuert er das Schiff durch eine stürmische Zeit. Es wäre jammerschade, wenn auf seine Amtszeit mit unbestreitbaren Leistungen der Schatten eines verpassten Abgangs fällt.