Kind bastelt eine Grußkarte (Foto: IMAGO, Westend61)

"Zwei Minuten": Die Kolumne zum Wochenende

Meinung: Muttertag als Kampfzone

Stand
AUTOR/IN
Marie Gediehn

Muttertag ist nichts für Weicheier: Schuld sind weder Mütter noch Kinder, sondern irre Diskussionen über Selbstgebasteltes aus der Kita, meint Marie Gediehn.

Sonntag ist Muttertag und die Diskussionen darüber sind eindeutig anstrengender, als einfach nur Mutter zu sein. Und vielleicht ist darum genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um auch als Mutter einfach mal danke zu sagen!

Die Kolumne von Marie Gediehn können Sie hier auch als Audio hören:

Danke zum Beispiel an den CDU-Politiker Tilman Kuban für den helfenden Twitter-Hinweis, dass eine einzelne Kita in Hessen dieses Jahr nichts zum Muttertag basteln wollte. Super, dass wir das jetzt alle wissen und es auch gleich richtig einordnen können, nämlich als, "Wahnsinn, dem keine Grenzen mehr gesetzt sind".

Tilman Kuban findet es, "ziemlich cool", wenn Kinder einfach mal Danke sagen für den, "Megaeinsatz" der Mütter. Das kann ich nur zurückgeben: Megaeinsatz, Herr Kuban, ziemlich cool, Ihre selbstlose Aktion, diese Kita so an den Pranger zu stellen. Worüber sollten wir uns sonst aufregen, wenn es um Mütter und Kinder geht: Außer Basteln fällt mir da partout nichts ein, ok, außer wahnsinnig zu wenig Kinderbetreuung, wahnsinnig zu viel Kinderarmut und wahnsinnig zu wenig Medikamente für Kinder.

Marie Gediehn (Foto: SWR, Patricia Neligan )
Die Meinung von Marie Gediehn

Aber klar, so ein informativer selbstgebastelter Tweet zum Muttertag ist natürlich auch ziemlich cool. Denn es muss ja grundsätzlich, sorry lieber Einzelhandel, selbstgebastelt werden. Mein Problem ist nur, ich kann diese eine Kita in Hessen so gut verstehen….

Denn Basteln ist für Eingeweihte, also beispielsweise Mütter, eher ein Codewort. Ein Codewort für einen Vorgang, der in der Regel damit beginnt, dass Kinder etwas ausschneiden, gerne in winzige, man könnte auch sagen unbrauchbare Schnipsel, die dann zwangsläufig rumfliegen. Parallel ist es den beteiligten Kindern mühelos möglich, sich selbst oder anderen mitbastelnden Kindern mit ihren auf den ersten Blick so harmlos wirkenden bunten kleinen Scheren unsachgemäß die Haare ab- oder die Klamotten zu zerschneiden.

In einem nächsten Schritt wird alles, aber auch wirklich alles bis dahin Geschnittene, Gefundene und Geknickte aus Papier, Wolle, Watte, Filz, Pappe, Kork, Steinen, Perlen, Federn, Blättern und eben allem überhaupt irgendwie Erreichbaren mit einer seltsam undurchsichtigen Schicht Kleber überzogen.

Beendet oder abgebrochen wird ein Bastelevent in der Regel mit der dreiteiligen Formel: Das brauche ich noch alles, das soll so aussehen, und, das schenke ich dir. So viel zum Thema Basteln - ganzjährig möglich, gerne auch täglich, da muss niemand auf Muttertag warten.

Möglicherweise fehlt Tilman Kuban schlicht ein aktiver Bastelhintergrund, um es mit etwas mehr Gelassenheit zu ertragen, dass eine Kita, mit der er im echten Leben, soweit ich sehe, rein gar nichts zu tun hat, dass also diese eine Kita es wagt, zu einem einzigen Anlass, mal einmal Nichts zu basteln. Aus Rücksicht im Übrigen nicht auf die Psyche der Erzieherinnen und Erzieher, sondern aus Rücksicht auf die Kinder, die vielleicht keine Mama haben. Meine Herren! Dann basteln Sie sich doch selbst was, Herr Kuban, unbedingt sehr gerne auch in Stillarbeit. Danke dafür!

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