Ab kommender Woche gibt das Nobelpreiskomitee bekannt, wer in diesem Jahr die höchste Auszeichnung in Medizin, Physik, Chemie, Literatur, Frieden und Wirtschaftswissenschaften erhält. Ich habe noch nie Kandidatinnen und Kandidaten die Daumen gedrückt, aber diesmal liegt es ganz wörtlich nahe: Nur eine Viertel Autostunde von mir entfernt geschah das "Wunder von Mainz", die rasche Entwicklung eines Corona-Impfstoffs von Biontech/Pfizer. Die Biontech-Gründer Özlem Tureci und Ugur Sahin sowie die Biochemikerin Katalin Karikó bekamen kürzlich den renommierten Paul-Ehrlich und Ludwig-Darmstaedter-Preis zugesprochen. Es würde mich von Herzen freuen, wenn der Nobelpreis ihre Verdienste um die Pandemiebekämpfung krönt.

Zugegeben, mein Motiv fürs Daumendrücken ist zufällig. Wir haben uns bei der gemeinsamen Ansiedlung in Mainz nicht abgesprochen. Aber mich beeindruckt die persönliche Bescheidenheit der Wundermacher. Ugur Sahin und Özlem Tureci verbreiten eine Herzlichkeit und Freude, als könnten sie ihr Glück noch immer nicht fassen. Es gibt keine großspurigen Erklärungen von ihnen, sie sind im Gegenteil öffentlichkeitsscheu. Ugur Sahin trägt weiterhin Jeans. Katalin Karikó feierte den Paul-Ehrlich-Preis nicht mit Champagner, sondern guter Schokolade.
Die Chancen, dass der Nobelpreis an meinen (Fast-)Nachbarn geht, stehen gut. Denn Alfred Nobel verfügte in seinem Testament eigentlich Unmögliches: Den Preis soll erhalten, wer kürzlich der Menschheit von größtem Nutzen war. Zugleich darf es sich bei der wissenschaftlichen Leistung um keine Eintagsfliege handeln. Tatsächlich steht Biontech nicht nur für die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs, es hat zusammen mit anderen Forscherinnen und Forschern der mRNA-Technologie zum Durchbruch verholfen. Heute macht sie gegen das Coronavirus immun, bald soll sie auch Krebspatienten heilen.
Übrigens: Wenn der Chemie-Nobelpreis nach Mainz geht, lege ich auf Gratulationen keinen Wert.