Kritische Edition: Mein Kampf Hitler für Schüler zu schwer
Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, hält nichts davon, die kommentierte Neuauflage von Adolf Hitlers Propagandaschrift "Mein Kampf" im Schulunterricht einzusetzen.
Gespräch mit Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
"Für die wissenschaftliche Arbeit und auch für die Reflektion im pädagogischen Bereich ist dieses Werk sicherlich sinnvoll. Aber für Otto Normalverbraucher und erst recht für den Schüler halte ich das für nur schwer rezipierbar."
Eine Verwendung im Schulunterricht mache daher "wenig Sinn", sagte der SPD-Politiker. "Und wenn, dann nur in den weiterführenden Schulen, wo man schon beginnt, quasi wissenschaftlich zu arbeiten." Ausschnitte aus "Mein Kampf" würden ja heute schon im Unterricht eingesetzt.
70 Jahre stand das Buch "Mein Kampf" sozusagen im Giftschrank: Adolf Hitlers Propagandaschrift durfte nicht neu gedruckt werden. Jetzt ist das gesetzliche Urheberrecht erloschen, Hitlers Kampfschrift gilt als "gemeinfrei", wie das rechtlich heißt. Die Neuauflage ist eine kommentierte Auflage. Der Originaltext wird ergänzt mit wissenschaftlichen Erklärungen und Richtigstellungen. So sind aus den ursprünglich knapp 800 Seiten rund 2.000 Seiten geworden.
Weg vom hitler-zentrierten Umgang mit dem Nationalsozialismus
"Ich finde es aber eher problematisch, wenn der Unterricht und die Geschichtspädagogik wieder hitlerzentriert arbeitet. Man ist davon weggekommen - und zwar aus guten Gründen - um das System des Nationalsozialismus insgesamt in den Blick zu bekommen. Und da gibt es viele Facetten und auch sehr viele Quellen, die mindestens genauso wichtig sind wie 'Mein Kampf' - wenn nicht sogar wichtiger."
Lob für das Institut für Zeitgeschichte
Ausdrücklich lobte Krüger die Arbeit des Münchener Instituts für Zeitgeschichte, das die kommentierte Neuauflage von "Mein Kampf" vorstellt. Es sei wichtig, dieses Buch zu enttabuisieren.
Krüger sagte: "Im digitalen Zeitalter ist man mit zwei Klicks beim Originaltext von Hitlers 'Mein Kampf', und zwar nicht nur auf Deutsch, sondern gleich noch auf Hebräisch, Russisch und Englisch. Alles, was man möchte, kann man heute digital beziehen. Und insofern kann man das schwer verstecken. Stattdessen ist es eben wirklich ratsam, eine Entmystifizierung, eine Enttabuisierung vorzunehmen und diesen Weg weiter zu gehen."
Das Gespräch führte SWR-Moderator Andreas Herrler
Online: Heidi Keller und Christine Härrer