Vor einigen Tagen unterhielt ich mich mit einem Weinhändler. Er lobte Weine aus Sachsen-Anhalt, erklärte, dass dort infolge der Erderwärmung die Bedingungen für Weinanbau immer besser würden, und schloss mit der Prophezeiung: „Der Riesling wandert nach Norden.“ Siehste, könnte jetzt ein Zyniker sagen: Hat die Klimakrise doch ihr Gutes.
Am Freitag zum Frühstück erfuhr ich dann aus einem Beitrag des Spiegels, dass die Bewegung „Fridays For Future“ (FFF) wieder zum traditionellen globalen Klimastreik aufrufe. Traditionell – das klingt gemütlich, so nach Hocketse oder Schwenkgrill. Aber eben auch nach Maidemonstration oder Katholikentag: Gibt’s schon ewig und immer wieder. Wenn man überhaupt noch hingeht, dann aus Nostalgie.
Kein Wunder, könnten Sie jetzt einwenden: Daran sind die Klimaschützer selbst schuld: Die Pattex-Abteilung von der „Letzten Generation“ klebt sich Leuten in den Weg, die zur Arbeit wollen. Und die von manchen frühzeitig heiliggesprochene Greta Thunberg macht inzwischen vorrangig durch sogenannte Israelkritik Furore, die ich eher Israelhass nennen würde. Viele winken deshalb beim Klimaprotest längst ab - empört, genervt oder gähnend. Ich habe mich auch schon dabei erwischt.
Doch richtig ist auch: Die deutsche Sektion von FFF hat sich vom Antisemitismus deutlich distanziert. Aber wird es ihr gelingen, dem Klimaschutz wieder positive Aufmerksamkeit zu verschaffen, auch mit den Aktionen im Südwesten? Das wird davon abhängen, ob die Klimabewegung Formen des Protests findet, die mehr Menschen mitreißt, statt sie abzuschrecken. Ihr Anliegen bleibt wichtig. Uns den Klimawandel mit Riesling schönzutrinken, wird nicht funktionieren. Egal, ob er aus Sachsen-Anhalt oder Rheinhessen kommt.