In den kommenden zehn Jahren könnte fast jede fünfte Klinik in Deutschland schließen, so die Erwartung des Chefs der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß. Im Südwesten machen zum Monatsende die Kliniken in Radolfzell (Kreis Konstanz) und Bad Ems (Rhein-Lahn-Kreis) zu. Vertreter von Bund und Ländern wollen noch vor der Sommerpause Eckpunkte für eine ausgedünnte Kliniklandschaft beschließen.
So bitter der Verlust eines Krankenhauses für eine Stadt bzw. einen Kreis ist - die Schließungen kommen viel zu spät. Wie häufig hat die Politik unpopuläre Entscheidungen so lange vor sich hergeschoben, bis es nicht mehr anders ging. In diesem Fall die Landesregierungen, die für den Bau bzw. die Schließung von Kliniken zuständig sind. Der Mangel an Ärzten und Pflegepersonal gefährdet schon heute viele Betriebe. In Baden-Württemberg ist - so der jüngste "Rating Report" des Leibniz-Instituts - jedes dritte Krankenhaus akut von einer Insolvenz bedroht, in Rheinland-Pfalz jedes vierte.
Dass Winfried Kretschmann (Grüne) und Co. zögerten bis zur Fast-Pleite, hat mit der emotionalen Bedeutung eines Krankenhauses zu tun. Kein Mensch will in die Klinik, aber wenn es denn sein muss, soll sie in zehn Autominuten erreichbar und super ausgestattet sein. Politiker, die auf rote Zahlen hinweisen, müssen um ihre Wiederwahl fürchten.
Letzte Patientinnen und Patienten werden aufgenommen Abschied vom Krankenhaus Radolfzell
Am Krankenhaus Radolfzell (Kreis Konstanz) werden in diesen Tagen die letzten planmäßigen Patientinnen und Patienten aufgenommen. Am 30. Juni wird dort der Betrieb eingestellt.
Es dürfte in Deutschland vielerorts zur Regel werden, dass die Fahrt zum Krankenhaus 30 Minuten oder länger dauert. Und viele Kinder nicht mehr in "ihrer" Stadt zur Welt kommen mangels einer Geburtsstation. Na und? Sie werden es ganz wörtlich überleben!