Einschränkungen und Verhaltensregeln in der Corona-Pandemie sollen durch das neue Gesetz auf eine saubere rechtliche Grundlage gestellt werden. Ausdrücklich genannt sind darin Kontaktbeschränkungen, Abstandsregeln, Geschäftsschließungen und die Maskenpflicht.
Für die Vorlage der Großen Koalition stimmten im Bundestag 415 Abgeordnete, 236 votierten dagegen, acht enthielten sich, wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) mitteilte. Aus der Linksfraktion und von den Grünen kam die Forderung, das Parlament noch besser in Entscheidungen einzubinden. Die FDP sieht immer noch zu viele Befugnisse bei der Regierung. Ähnlich äußerte sich die AfD.
Nach Ansicht von SWR-Berlin-Korrespondent Alfred Schmit schafft das neue Infektionsschutzgesetz Transparenz und schützt ausdrücklich das Versammlungsrecht.
Rheinland-Pfalz enthält sich im Bundesrat
Das Gesetz, mit dem die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung legitimiert werden sollen, passierte nach dem Bundestag auch den Bundesrat in einer Sondersitzung. In der Länderkammer erhielt das Gesetz am Mittwoch 49 der insgesamt 69 Stimmen.
Rheinland-Pfalz hat allerdings nicht zugestimmt, sondern sich enthalten. Der stellvertretende Ministerpräsident und FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte dem SWR, die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD, FDP und Grünen sehe vor, dass das Land sich im Bundesrat enthalte, wenn mindestens ein Partner ein Gesetz ablehne.
Gesetz könnte noch heute ausgefertigt werden
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fertigte das "Dritte Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite"im Anschluss aus. Es kann nun nach Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten. Normalerweise braucht ein Gesetz auf dem Weg durch die Instanzen viel länger.
Neuer Paragraf 28a mit Details zu Schutzmaßnahmen geplant
Im neuen Infektionsschutzgesetz wurde unter anderem ein neuer Paragraf 28a eingefügt, der im Detail auflistet, welche Schutzmaßnahmen Landesregierungen und zuständige Behörden gegen das Coronavirus anordnen können.
Das sind etwa Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebote, eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum oder auch Beschränkungen oder Schließungen von Geschäften und Veranstaltungen - alles Maßnahmen, die schon angeordnet worden sind.
Paragraf 56 regelt Verdienstausfälle für Eltern und nach Reisen
Es gibt auch neue Regeln bei Verdienstausfällen. So werden Entschädigungsansprüche für Eltern bis März 2021 verlängert und erweitert werden, die wegen einer Kinder-Betreuung nicht arbeiten können.
Wer eine "vermeidbare Reise" in ausländische Risikogebiete macht, soll dagegen für eine nach der Rückkehr nötige Quarantäne keine Entschädigung für Verdienstausfall bekommen.
Impfungen und Tests auch für Menschen ohne Versicherung
Der Bund soll außerdem regeln können, dass auch nicht versicherte Menschen Anspruch auf Schutzimpfungen und Tests haben. Für die Auswertung von Corona-Tests sollen bei Bedarf auch Kapazitäten tiermedizinischer Labore genutzt werden können. Kliniken, die Operationen aussetzen, sollen finanziellen Ausgleich bekommen.
Das Infektionsschutzgesetz war im Verlauf der Corona-Pandemie schon mehrfach reformiert und dies auch kritisiert worden. Unter anderem wurde eingeführt, dass der Bundestag eine epidemische Lage von nationaler Tragweite feststellen und wieder aufheben kann. Und dass in diesem Fall das Bundesgesundheitsministerium Sonderbefugnisse bekommt, um Rechtsverordnungen zu erlassen, ohne dass der Bundesrat zustimmen muss.
Kritik am Eingriff in die Grundrechte
Kritiker bemängeln zu starke Eingriffe in die Grundrechte der Menschen und fordern mehr Mitsprache der Länder. Manche vergleichen das Infektionsschutzgesetz sogar mit dem Ermächtigungsgesetz in der Nazizeit, als sich das deutsche Parlament der NS-Regierung gebeugt und sich selbst als demokratische Institution quasi abgeschafft hat.
Christopher Jähnert aus dem SWR-Hauptstadtstudio kommentiert den Vergleich des Infektionsschutzgesetzes mit dem Ermächtigungsgesetz:
Was sagen Bundestagsabgeordnete dazu?
Wir haben im Bundestag nachgefragt. SPD-Politiker Thomas Hitschler, Sprecher der Landesgruppe Rheinland-Pfalz, und FDP-Politiker Benjamin Strasser aus dem Wahlkreis Ravensburg begründen, warum sie für beziehungsweise gegen das Gesetz sind und was sie von dem Vergleich mit dem Ermächtigungsgesetz halten.