"Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?" Diese alte Adenauer-Weisheit scheinen CDU und CSU wieder zu ihrem Motto machen zu wollen. Nachdem Markus Söder, bayerischer Ministerpräsident von der CSU, am Montag angekündigt hatte, die Impfpflicht gegen Corona im medizinischen Bereich bis auf weiteres nicht umsetzen zu wollen, sind ihm wenig später die komplette CDU-Parteispitze und sämtliche Fraktionschefs der Unionsparteien in den Landtagen beigesprungen.

Das ist bemerkenswert, hat doch Söders Bayern erst im Dezember der Impfpflicht im medizinischen Bereich ausdrücklich zugestimmt, ebenso wie alle CDU-geführten Landesregierungen. Auch im Bundestag stimmten nahezu alle Abgeordneten von CDU und CSU eben dieser verpflichtenden Impfung zu. Doch nach wenigen Wochen scheint für die Unionsparteien die Welt ganz anders auszusehen.
Sie begründen ihren Meinungsumschwung mit praktischen Schwierigkeiten, verweisen auf einen möglichen Personalmangel, wenn Ungeimpfte ihren Job aufgeben, und bezweifeln, dass die Gesundheitsämter in der Lage sind, die Impfpflicht zu kontrollieren. Mit anderen Worten: Sie glauben nicht, dass diese vergleichsweise kleine, auf wenige Berufsgruppen begrenzte Pflichtimpfung zu bewerkstelligen ist.
Ist eine eingeschränkte Impfpflicht umsetzbar? Die Meinungen gehen auseinander (Audio):
Das hält sie aber ironischerweise nicht davon ab, weiterhin eine große, allgemeine Impfpflicht zu fordern. Söder hat das nochmals bekräftigt, und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz behauptet sogar, seine Partei arbeite an einem "Impfvorsorgegesetz" zur allgemeinen Impfpflicht. Doch Vorsicht: Was sie heute sagen, kann schon morgen Geschwätz von gestern sein.