Über den genauen Ablauf sind sich die Historiker nicht einig. Die gängigste Version lautet: Anno 1564 wollte Herzog Christoph von Württemberg die Stadt Hornberg im Schwarzwald besuchen und ließ sich im Vorfeld dort ankündigen – auf dass er auch ordentlich bejubelt werde. Nichts ist deprimierender für Feudalherren, als mit den wahren Gefühlen ihrer Untertanen konfrontiert zu werden, siehe Teheran, siehe Moskau.
Die Kolumne von Pascal Fournier können Sie hier auch als Audio hören:
Zurück zu Herzog Christoph: Die Hornberger standen ob des hohen Besuchs dermaßen unter Strom, dass sie reflexartig bei jeder sich nähernden Staubwolke ihre vorbereiteten Salutschüsse abfeuerten. Angeblich erst für eine Postkutsche, dann für einen Krämerwagen. Als ihro Hochwohlgeboren Herzog Christoph dann tatsächlich eintraf, war das Pulver verschossen. Der Salut entfiel, die unbändige Freude der Hornberger musste sich eben anders, leiser artikulieren.
Warum muss ich gerade an die jüngste Bund-Länder-Runde denken? Sollten Bund und Länder tatsächlich zu Potte kommen und das dritte Entlastungspaket wirklich noch zustande bringen, dann wird der Jubel… naja, möglicherweise auch nur verhalten sein. Salut hätte eh keiner geschossen, das ist ja – außer bei Königinnen-Begräbnissen – inzwischen weitgehend out. Wobei es ja eigentlich hübsch wäre, den Doppel-Wumms mit Knall-Bumm-Peng zu feiern. Aber – ich schweife ab.

Wo waren wir? Ach ja: beim Jubeln – naja: worüber? Entlastungspaket I und II haben bestenfalls die allerschlimmsten Widrigkeiten abgemildert. Es sind aber noch genug übrig. Und Nummer drei? Nun, private Haushalte und Unternehmen werden, wenn sie denn bis zur Bund-Länder-Einigung durchhalten, auch mit dem dritten Entlastungspaket erhebliche Probleme haben, über die Runden zu kommen.
Der Doppel-Wumms verhallt, verzigfachte Strom- und Gasrechnungen bleiben. Und was auf Seiten des Staates auch bleiben wird, sind leere Kassen und gewaltige Schulden. Auch kein Grund für frenetisches Gejubele. In Schillers „Maria Stuart“ heißt es: "Nur der ist König, der bei seinem Tun nach keines Menschen Beifall braucht zu fragen." So locker kann man sich in einer Demokratie halt nicht über die Zustimmung des Volks hinwegsetzen.
Herzog Christophs Regentschaft währte nach dem misslungenen Empfang in Hornberg übrigens noch vier Jahre. Ein signifikanter Macht- und Ansehensverlust durch den Vorfall ist nicht überliefert. Im Bund wird in drei Jahren gewählt – und in Niedersachsen am Sonntag.